home Wirtschaft Negativzinsen: Erste Bank verlangt Strafzinsen für Privatkunden-Einlagen unter 100.000 Euro

Negativzinsen: Erste Bank verlangt Strafzinsen für Privatkunden-Einlagen unter 100.000 Euro

Zahlreiche Banken berechnen ihren Kunden seit Monaten Negativzinsen auf Geldeinlagen. Bei Privatkunden waren bisher Guthaben bis zu 100.000 Euro davon ausgenommen. Nach Auswertungen des Vergleichsportals Verivox erhebt aber nun ein Institut Negativzinsen auch auf geringere Tagesgeldeinlagen.

Gericht: Bei Kontoführungsgebühren keine Strafzinsen zulässig

INFO-BOX:
Negativzinsen
für Privatkunden
In einer fortlaufenden Untersuchung von rund 1.200 Banken und Sparkassen hat das Verbraucherportal Biallo erforscht, bei welchen Geldinstituten Privatkunden derzeit Negativzinsen auf Geldeinlagen bezahlen müssen. Auf die entsprechende Übersicht gelangen Sie mit einem Klick auf „mehr dazu“.
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Strafzinsen im Privatkundengeschäft sind allerdings rechtlich problematisch. Nach Ansicht von Verbraucherschützern dürften es Negativzinsen auf Kontoguthaben von Privatleuten mit bestehenden Verträgen überhaupt nicht geben. „Banken, die Kontogebühren verlangen, dürfen gar keine Negativzinsen verlangen“, sagte Kay Görner von der Verbraucherzentrale Sachsen gegenüber der „WAZ“. Dies habe das Landgericht Tübingen bereits vor mehr als einem Jahr rechtskräftig entschieden (Az. 4 O 225/17). Auf diese Art werde ansonsten eine Leistung doppelt bepreist. Die Volksbank Magdeburg hat demgegenüber nun mit Wirkung zum 4. November angekündigt, Tagesgeldsparer nur noch einen Freibetrag von 75.000 Euro zu gewähren. Hinzu kommen Guthaben auf Girokonten mit Dispositionskredit in Höhe von bis zu 25.000 Euro. Ab 100.000 Euro werden dann 0,5 Prozent Verwahrungsentgelt fällig, wenn der zugrundeliegende Vertrag die Möglichkeit der Berechnung negativer Zinsen ausdrücklich vorsieht.

Der Vorstand des Geldinstituts erklärte das Vorgehen mit den Einlagezinsen der Europäischen Zentralbank (EZB). Banken im Euroraum müssen hier aktuell ebenfalls 0,5 Prozent Strafzinsen zahlen, wenn sie Geld bei der EZB parken. Die Volksbank hat unterdessen angekündigt, alle betroffenen Kunden anzuschreiben und zu einem Beratungsgespräch einzuladen. Ziel seien individuelle Vereinbarungen. Solche Vereinbarungen seien auch zwingend notwendig, so Sebastian Schick vom Verbraucherportal „Biallo“. „Es genügt nicht, die Bedingungen in den Entgeltinformationen oder Preisaushängen zu ändern. Diese Bestimmungen gelten nur für Neukunden und nicht für bestehende Kunden.“

Strafzinsen kosten Banken rund 40 Milliarden Euro pro Jahr

Bei Deutschlands größtem Geldhaus, der Deutschen Bank, will man Negativzinsen auch weiterhin nicht an durchschnittliche Privatkunden weitergeben. Die Frage sei derzeit nur „für große Unternehmenskunden und sehr vermögende Privatkunden“ relevant, sagte Deutsche Bank-Vize Karl von Rohr auf einer Konferenz in Frankfurt. Die im September von der EZB eingeführte Staffelung der Negativzinsen sei zwar eine kleine Erleichterung, dennoch blieben die Strafzinsen „die größte Herausforderung für die europäische Finanzindustrie“, da sie langjährige Gewissheiten auf den Kopf stellten. Zudem seien die Strafzinsen ein Wettbewerbsnachteil gegenüber den USA. Während Banken dort Zinsen für ihre Einlagen bei der Notenbank Fed erhalten, belasteten die negativen Zinssätze die Kreditinstitute in Europa mit fast 40 Milliarden Euro jährlich.