Die Bundesregierung hat den Weg für ein Verfahren gegen den ZDF-Moderator Jan Böhmermann freigemacht. Er sieht sich nun mit Ermittlungen wegen der Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhauptes konfrontiert. Böhmermann hatte in seiner Sendung „Neo Magazin Royale“ ein Schmähgedicht über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan verlesen und es abgelehnt, eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben.
1. Merkel: Entscheidung keine Vorverurteilung
2. Kanzlerin überstimmt SPD-Minister
3. Kritik von der Türkischen Gemeinde Deutschlands
Merkel: Entscheidung keine Vorverurteilung
§103 StGB |
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Im §103 StGB wird die Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten sanktioniert. Mit einem Klick auf "Mehr dazu" erhalten Sie den kompletten Gesetzestext. |
In ihrer Erklärung sagte sie, dass es sich dabei um keine Vorverurteilung oder Entscheidung über die Grenzen der Kunst-, Presse-, und Meinungsfreiheit handle. Die Aufgabe, die Persönlichkeitsrechte und die Belange der Presse- und Kunstfreiheit abzuwägen, sei nicht Aufgabe der Regierung, sondern der Justiz. Diese werde nun das letzte Wort haben.
Kanzlerin überstimmt SPD-Minister
In der Regierungskoalition hat die Entscheidung zu Verstimmungen zwischen den Partnern geführt. Beteiligt waren neben der Kanzlerin das CDU-geführte Bundesinnenministerium, das Auswärtige Amt und das Bundesjustizministerium, die SPD-Mitgliedern unterstehen. Diese hatten sich gegen die Freigabe eines Strafverfahrens ausgesprochen. Da keine Einigung möglich war, lag die Entscheidung laut SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann bei Merkel. Einig ist man sich allerdings, dass der entscheidende Paragraf 103 des Strafgesetzbuches heutzutage keine ausreichende Relevanz mehr hat. Deshalb soll das Verbot der „Majestätsbeleidigung“ bis 2018 aufgehoben werden.
Kritik von der Türkischen Gemeinde Deutschlands
Sollte es zu einer Verurteilung kommen, droht Böhmermann eine Geld- oder Haftstrafe von bis zu drei Jahren. Sollte das Gericht ihn zusätzlich der verleumderischen Beleidigung schuldig befinden, könnte die Strafe auf fünf Jahre Freiheitsentzug ausgeweitet werden. Zusätzlich dürfte der Moderator auch mit zivilrechtlichen Ermittlungen zu rechnen haben, nachdem Erdogan ihn persönlich wegen Beleidigung angezeigt hat. Dass der Satiriker nun zwei Verfahren entgegen sieht, wurde unter anderem durch den Vorsitzenden der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, kritisiert. Gegenüber der „Berliner Zeitung“ erklärte er, die Entscheidung der Kanzlerin für falsch zu halten. Seiner Meinung nach hätte man es bei den Ermittlungen aufgrund der Privatanzeige des türkischen Staatsoberhauptes belassen sollen.