Politik

Debatte um gestiegene Kindergeld-Zahlungen: Familienkassen wollen bundesweit Betrüger aufspüren

Am gestrigen Donnerstag gab das Bundesfinanzministerium in einer Mitteilung bekannt, dass im Juni 2018 Kindergeld an 268.336 im Ausland lebende Kinder gezahlt wurde. Dies entspricht einem Anstieg gegenüber Juni 2017 von 7,1 Prozent. Die Zahlen hatten unter anderem Forderungen nach einer EU-weiten Koppelung des Kindergelds an die Lebenshaltungskosten des jeweiligen Staates ausgelöst.

CDU: Sozialbetrüger in Herkunftsländer zurückführen

INFO-BOX:
Kindergeld
Das Kindergeld wurde in Deutschland bereits zur Zeit des National-sozialismus unter dem Namen „Kinderbeihilfe“ eingeführt. Ab 1954 zahlten die bei den Berufsgenossenschaften angesiedelten Familienausgleichskassen ab dem dritten Kind 25 DM pro Kind. Ab 1961 wurde es in gleicher Höhe bereits ab dem zweiten Kind gezahlt. Seit 1975 wird das Kindergeld schon ab dem ersten Kind gezahlt. Aktuell erhalten Familien für das erste und zweite Kind je 194 Euro monatlich, für das Dritte 200 Euro und für jedes weitere Kind 225 Euro.
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Wie der „Spiegel“ in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, wollen die Familienkassen vom kommenden Jahr an in allen deutschen Großstädten nach Betrugsfällen mit Kindergeld fahnden. Dies soll mit Hilfe spezieller Computerprogramme sowie Kooperationen mit Zoll, Einwohnermeldeämtern, Steuerbehörden, Schulämtern und ausländischen Sozialämtern geschehen. Dafür will jede der 14 regionalen Familienkassen zwei Beschäftigte dauerhaft abstellen. So sollen beispielsweise ausländische Familien aufgespürt werden, die mit gefälschten ausländischen Geburtsurkunden oder Pässen staatliche Leistungen für gar nicht existierende Kinder kassieren. Wie Familienkassen-Leiter Karsten Bunk dem Nachrichtenmagazin mitteilte, hätten sich bei einer Kontrolle in den Städten Wuppertal und Düsseldorf 40 von 100 Kindergeld-Anträgen als unrechtmäßig herausgestellt. Dadurch seien rund 400.000 Euro Kindergeld zu Unrecht ausgezahlt worden.

In den „Tagesthemen“ hatte der Duisburger Oberbürgermeister Sören Link dringende Sozialreformen angemahnt. Die entsprechenden Gesetze müssten so feinjustiert werden, dass es nicht mehr ausreiche, als Arbeitnehmer zu gelten, wenn man einen Minijob habe und dann aufstockende Leistungen bekomme. Es könne nicht sein, dass eine Arbeit von wenigen Stunden pro Woche ausreiche, um den Rest des Einkommens vom Sozialamt zu bekommen, so der SPD-Politiker. Aus der CDU werden unterdessen Stimmen nach einer Rückführung überführter Sozialbetrüger aus dem Ausland laut. Der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster sagte, wenn Einwanderer Kindergeld bezögen, ohne einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit nachzugehen, keinen Wohnsitz in Deutschland haben oder gar gefälschte Papiere vorlegen, sei zu prüfen, ob ihr „Aufenthalt in Deutschland nicht beendet werden sollte“. Der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok forderte von den Kommunen ihr Recht durchzusetzen, Menschen wieder in ihr Herkunftsland zurückzuschicken, wenn diese nach drei Monaten in Deutschland keine Arbeit gefunden haben.

NRW wegen günstigem Wohnraum besonders betroffen

Die EU-Kommission lehnt die deutschen Vorschläge nach einer Koppelung der Kindergeldbezüge an die Lebenshaltungskosten des jeweiligen Landes ab. Eine Indexierung der Kindergeldhöhe sei wegen des Diskriminierungsverbots im EU-Recht nicht vorgesehen, teilte eine Sprecherin mit. EU-Ausländer haben während der Dauer ihres Aufenthalts in Deutschland einen Anspruch auf Kindergeld, auch wenn die Kinder nicht in Deutschland leben. Nordrhein-Westfalen ist von möglichen Betrugsfällen besonders betroffen, da es dort vielerorts noch günstigen Wohnraum gibt. Es gehe jedoch nicht darum, Menschen aus Rumänien oder Bulgarien unter Generalverdacht zu stellen, sagte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags im „Deutschlandfunk“. Teilweise organisierten Schlepper die Zuwanderung ins Ruhrgebiet, sodass „die Rumänen und Bulgaren, die dort leben, in Teilen Opfer und nicht Täter sind“.

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Ralf Schmidl

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