home Politik Angst vor neuem Wettrüsten: USA erklären INF-Vertrag formal für beendet

Angst vor neuem Wettrüsten: USA erklären INF-Vertrag formal für beendet

Der amerikanische Außenminister Mike Pompeo hat heute den formalen Ausstieg der USA aus dem INF-Abrüstungsvertrag zu atomaren Mittelstreckenraketen erklärt. Bei einem Besuch in Bangkok sagte Pompeo, der Ausstieg der Vereinigten Staaten „tritt heute in Kraft“. Gekündigt hatten die USA den Vertrag bereits im Februar. Damit können Russland und die Vereinigten Staaten wieder ohne Beschränkungen derartige Waffen bauen, wodurch viele Seiten wieder einen Rüstungswettlauf befürchten.

Russische Mittelstreckenraketen mit 2.000 Kilometern Reichweite?

INFO-BOX:
INF-Vertrag
Der INF-Vertrag zwischen der Sowjetunion und den USA über die Vernichtung aller landgestützten Flugkörper mit kürzerer und mittlerer Reichweite (500 bis 5.000 Kilometer) wurde am 8. Dezember 1987 bei einem Gipfeltreffen der damaligen Präsidenten Ronald Reagan und Michail Gorbatschow in Washington unterzeichnet. Er trat am 1. Juni 1988 in Kraft. Zudem legten die Vertragspartner für zehn weitere Jahre nach der Beseitigung der Flugkörper eine ständige Kontrolle in je einer Produktionsstätte in den USA und Russland sowie eine feste Zahl von Verdachtskontrollen fest. Diese wurden am 31. Mai 2001 eingestellt.
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UN-Generalsekretär António Guterres sagte in New York, die Welt verliere mit dem Auslaufen des Abkommens einen „unschätzbaren“ Mechanismus zur Verhinderung eines Atomkriegs. Auch der deutsche Außenminister Heiko Maas warnte vor einem solchen Szenario. Es müsse nach dem Ende des Vertrags gelingen, „Regeln zur Abrüstung und Rüstungskontrolle zu vereinbaren, um einen neuen Wettlauf um Atomwaffen zu verhindern“. Zugleich forderte er beide Länder auf, wenigstens den „New-START-Vertrag“ zur Begrenzung strategischer Atomwaffen zu erhalten. Dieser sieht vor, die Nukleararsenale auf je 800 Trägersysteme und 1.550 einsatzbereite Atomsprengköpfe zu verringern. Der Vertrag läuft 2021 aus. Moskau und Washington hatten sich bereits dazu bereit erklärt, über eine Verlängerung zu verhandeln.

Anfang Februar waren die USA mit Rückendeckung der NATO-Partner aus dem 1987 geschlossenen INF-Vertrag (siehe auch Info-Box) ausgestiegen. Washington geht davon aus, dass Russland den Vertrag seit Jahren verletzt hat, weil russische Raketen vom Typ 9M729 (NATO-Code: SSC-8) weiter fliegen als erlaubt. Laut den USA soll das russische Waffensystem in der Lage sein, mit Atomsprengköpfen bestückte Raketen abzufeuern, die mehr als 2.000 Kilometer fliegen können. Russland beziffert die Reichweite nur auf 480 Kilometer. Dies wäre vertragskonform, da das Abkommen lediglich den Besitz landgestützter atomarer Mittelstreckenwaffen mit Reichweiten zwischen 500 und 5.000 Kilometern untersagt.

Russland warnte unterdessen am gestrigen Donnerstag die USA erneut, atomare Mittelstreckenraketen in Europa zu stationieren. Andernfalls sähe man sich gezwungen, analog solche Waffen in der Nähe der USA zu stationieren. Militärexperten in Moskau sehen etwa Venezuela oder Kuba als mögliche Standorte.

Trump: „Wir werden sehen, was passiert“

Die NATO will nun in den kommenden Monaten darüber beraten, wie sie auf das Aus des INF-Vertrags und die russischen SSC-8 reagiert. Möglich sei, die Präsenz im östlichen Bündnisgebiet und in der Ostsee zu verstärken sowie den Schutz kritischer Infrastruktur durch Raketen- und Luftabwehrsysteme auszubauen. Unterdessen sagte US-Präsident Donald Trump nach einem Gespräch mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin, Russland sei daran interessiert, an einem Nuklearvertrag zu arbeiten. Details nannte er nicht. Zuletzt hatte es zwischen den beiden Seiten keine Bewegung gegeben. Angesprochen auf den INF-Vertrag sagte Trump: „Wir werden sehen, was passiert“.