home Politik, Wirtschaft Härtere Einschnitte geplant: Bei Lufthansa könnte jeder Vierte seinen Job verlieren

Härtere Einschnitte geplant: Bei Lufthansa könnte jeder Vierte seinen Job verlieren

Die durch die Corona-Pandemie schwer gebeutelte Lufthansa hat ihre Mitarbeiter auf weitere Einschnitte bei Personal und Flotte eingestimmt. Wegen schwacher Passagierzahlen müsse der inzwischen staatlich gestützte Konzern seine bisherigen Planungen anpassen, sagte Vorstandschef Carsten Spohr in einer Online-Fragestunde für Mitarbeiter. Nach den Worten von Spohr sei es demnach fraglich, ob Lufthansa jemals wieder die Umsätze der Jahre 2017 bis 2019 erreichen könne.

Lufthansa verliert halbe Milliarde Euro pro Monat

INFO-BOX:
Deutsche Lufthansa AG
Die heutige Deutsche Lufthansa AG wurde im Jahr 1953 gegründet. Den Flugbetrieb nahm das Unternehmen am 1. April 1955 auf, nachdem die Bundesrepublik nach dem Zweiten Weltkrieg ihre Lufthoheit wiedererlangt hatte. Bis 1963 war die Deutsche Lufthansa AG zu fast 100 Prozent in Staatsbesitz. Seit 1997 ist das Unternehmen vollständig privatisiert und war im selben Jahr Gründungsmitglied der Star Alliance. Der Heimat-flughafen der Deutschen Lufthansa ist Frankfurt/M., ein weiteres Drehkreuz ist der Flughafen München.
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Statt wie bisher geplant rund 22.000 Stellen abzubauen, geht der Konzern nun von mindestens 28.000 Jobs aus, die im Zuge der Corona-Krise verloren gehen. Kündigungen werde es auch bei den Piloten geben, im ersten Quartal des kommenden Jahres zunächst bei der Tochter Germanwings, im vierten Quartal 2021 dann auch bei Lufthansa selbst. Insgesamt werde jeder fünfte, vielleicht sogar jeder vierte Mitarbeiter das Unternehmen verlassen müssen.

Zum Anfang der Pandemie war Spohr noch von einer extrem heftigen, aber kurzen Krise ausgegangen. Man hoffte damals, die Zahl der Passagiere würde bereits bis Jahresende auf 50 Prozent des Niveaus von 2019 zurückkehren. Bis Sommer 2021 sollte drei Viertel, spätestens 2023 wieder die alte Fluggastmenge erreicht werden. Diesem anfänglichen Optimismus ist längst Ernüchterung gewichen. Die Buchungszahlen seien „katastrophal“, so Spohr vor den Beschäftigten. Die Rede ist aktuell von gerade einmal zehn Prozent des Vorjahresniveaus. Für das Gesamtjahr rechnet die Unternehmensführung von Lufthansa nun nur noch mit einem Viertel der Passagiere von 2019. Aktuell verliert Lufthansa eine halbe Milliarde Euro pro Monat.

Das Hauptproblem für den Reiseverkehr sind die zahlreichen internationalen Reiserestriktionen. Dadurch erholt sich der Luftverkehr deutlich langsamer als erhofft. Insgesamt ist die Zahl der täglich angebotenen Flüge durch die aktuell wieder weltweit steigenden Zahlen an Krankheitsfällen sogar rückläufig. Appelle der Branche, die Quarantäne-Regeln durch Massentests auf das Coronavirus zu ersetzen, verhallen bei Politik und Behörden bislang ungehört. Im Oktober will Deutschland die Quarantäne-Bestimmungen sogar wieder generell für Reisende aus Risikogebieten ausweiten.

Auch bei den Flugzeugen hatte Spohr bereits im August angedeutet, dass die zunächst angedachte Verkleinerung der Flotte um 100 auf dann etwa 600 Maschinen nicht ausreicht. Auf der Kippe stehen besonders die großen, vierstrahligen Übersee-Maschinen, die schwer auszulasten sind und vergleichsweise viel Treibstoff verbrauchen. Damit könnten die Airbus A380 sowie die älteren Boeing-Jumbos vom Typ 747-400 vor dem Aus stehen, ebenso die vierstrahligen Airbus A340. Allein die neueren Boeing-Jumbos vom Typ 747-8 könnten noch eine Zukunft im Konzern haben.

Verkauf von Unternehmensteilen zur Staatshilfen-Tilgung

Für weniger Flugzeuge würde Lufthansa auch weniger Personal benötigen, auch wenn neue Flugzeuge wie das Airbus-Modell A350 oder die Boeing 777X schneller als geplant angeschafft werden könnten. Mit der Flugbegleitergewerkschaft Ufo hat der Konzern für Deutschland zwar betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. Dies könnte bei einer weiterhin schwachen Nachfrage aber schon bald hinfällig werden. Mit den Gewerkschaften für die Piloten und das Bodenpersonal gibt es hingegen keine langfristigen Sanierungstarifverträge. Um die erhaltenen Staatshilfen zurückzuzahlen, will Lufthansa Unternehmensanteile verkaufen. Den Anfang macht noch diesen Monat das Europageschäft der Cateringfirma LSG Sky Chefs. Auch für den Finanzdienstleister Lufthansa Airplus und die Wartungssparte Lufthansa Technik will man neue Eigentümer bzw. Investoren finden. In der kommenden Woche sollen, nach Treffen mit dem Aufsichtsrat am Montag und Dienstag, erste Entscheidungen fallen. Aufsichtsratschef Spohr sagte, die künftige, Strategie des Unternehmens habe drei Teile: die „Renew“ genannte Neuaufstellung Lufthansas, Kundenfokus und Nachhaltigkeit.