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Third-Party-Cookies: Google will künftig auf personalisierte Werbung verzichten

Der Internet-Riese Google will zukünftig darauf verzichten, für die Personalisierung von Werbung die Aktivitäten von Nutzern zu verfolgen. Bereits im vergangenen Jahr leitete der Konzern in seinem Webbrowser Chrome die Auslistung sogenannter Third-Party-Cookies (Cookies von Drittanbietern) ein. Mit diesen kann das Nutzerverhalten auf verschiedenen Webseiten nachverfolgt werden. Nun kündigte Google in einem Blogeintrag an, dass man zukünftig auch keine alternativen Methoden zum Tracking von Nutzern entwickeln oder einsetzen wolle.

292 Milliarden Dollar für Google-Werbung

INFO-BOX:
Cookies
Cookies ("Kekse") sind kleine Datensätze, die auf dem jeweiligen Endgerät gespeichert werden, wenn Nutzer eine Webseite besuchen. Kehrt der User später auf diese Webseite zurück, kann die Seite den User wiedererkennen. Cookies speichern verschiedene Informationen. Dazu gehören beispielsweise die IP-Adresse, Häufigkeit und Dauer der Seitenbesuche oder Daten aus Formularen. Drittanbieter-Cookies ermöglichen es zudem Werbetreibenden, auf den besuchten Seiten auf den Nutzer zugeschnittene Werbung zu platzieren.
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Dieser Schritt könnte einen Umbruch in der digitalen Werbeindustrie beschleunigen. Third-Party-Cookies kommen vorwiegend bei Werbefirmen oder Datenhändlern zum Einsatz und sind Datenschützern sowie Regulierungsbehörden schon lange ein Dorn im Auge. Und Google ist nicht irgendwer, sondern ein absolutes Schwergewicht im digitalen Anzeigengeschäft. Nach Angaben von Jounce Media, einem Beratungsunternehmen für digitale Werbung, entfielen 2020 rund 52 Prozent der weltweiten Ausgaben für digitale Werbung in Höhe von 292 Milliarden Dollar auf den Suchmaschinen-Giganten. Etwa 40 Prozent des Geldes, das Werbetreibende im offenen Internet ausgeben, also für Werbung außerhalb geschlossener Systeme wie Google Search, YouTube oder Facebook, laufen demnach bislang über Googles Ad-Buying-Tools. Daher sei die Ankündigung ein „riesiger Schritt“, denn „damit verdient Google ja am Ende sein Geld“, sagte Tech-Blogger Frederic Lardinois vom Branchendienst Techcrunch gegenüber „tagesschau.de“.

Google verwies zur Begründung seiner Pläne auf den Datenschutz. „Es liegt auf der Hand, dass sich die digitale Werbung weiterentwickeln und auf die wachsenden Bedenken der Menschen hinsichtlich ihrer Privatsphäre und der Nutzung ihrer persönlichen Identität reagieren muss“, schrieb Google-Manager David Temkin in besagtem Blogeintrag. „Ansonsten setzen wir die Zukunft des freien und offenen World Wide Web aufs Spiel“. Zugleich sei es dank moderner Werbetechnologien nicht mehr nötig, einzelnen Nutzern quer durchs Netz zu folgen. Stattdessen könnten „Einzelpersonen in großen Gruppen mit ähnlichen Interessen ‚versteckt‘ werden“.

Blogger Lardinois sieht denn auch ein großes Problem auf die betroffenen Unternehmen zukommen. „Ich gehe davon aus, dass sie – vielleicht mit anderen der Großen im Internet zusammen – jetzt auf eine neue Technik setzen werden“. So setze beispielsweise die Software Unified ID 2.0 auf E-Mail-Adressen und ähnliche Techniken auf. Ohne Google werde es aber sehr schwer. „Wenn in der Werbebranche nicht gut gemessen werden kann, wie die Werbung ankommt, ist das natürlich ein Riesenproblem“.

BDZV fordert Eingreifen der EU-Kommission

Kritik an Googles Vorgehensweise kommt auch vom Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV). „Jetzt bewahrheitet sich, wovor kleinere digitale Unternehmen seit Jahren gewarnt haben: Dass Google aufgrund seiner Marktmacht nicht mehr auf Cookies angewiesen ist“. Der BDZV forderte überdies ein Eingreifen der EU-Kommission. Dabei kommt Googles Kehrtwende in Sachen Third-Party-Cookies nicht von ungefähr. Die Muttergesellschaft Alphabet steht seit Monaten unter Druck. Allein in den USA laufen drei kartellrechtliche Ermittlungen. Die User – auch in den USA – erwarten „jetzt wirklich, dass sie im Netz mehr Privatsphäre bekommen“, so Lardinois. Druck komme auch von der Konkurrenz. So könnten Konzerne wie Apple nun beispielsweise sagen: „Unsere Produkte machen Privatsphäre. Benutzt nicht die Produkte von Google!“ Möglicherweise hat Google also mit seinem Vorgehen nicht nur ein Signal an Politik und Wettbewerbshüter gesendet, sondern wollte auch gleich entsprechenden Ankündigungen anderer Firmen zuvorkommen.