home Wirtschaft Historischer Rückgang: Deutsche Exporte im April um 31 Prozent eingebrochen

Historischer Rückgang: Deutsche Exporte im April um 31 Prozent eingebrochen

Die deutschen Exporte sind wegen der Corona-Pandemie so drastisch eingebrochen wie noch nie. Der Wert der Warenausfuhren sank gegenüber dem Vorjahresmonat im April um 31,1 Prozent auf 75,7 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. Dies sei der größte Rückgang seit dem Beginn der Außenhandelsstatistik im Jahr 1950, so das Bundesamt. Gegenüber dem Vormonat März gingen die Ausfuhren um 24 Prozent zurück. Auch die Importe befinden sich im Rückwärtsgang. So sanken sie im April um 16,5 Prozent im Vergleich zum Vormonat. Dies ist bereits der dritte Rückgang in Folge.

Keine generelle Trendwende in Sicht

Der Überschuss der Außenhandelsbilanz betrug im April lediglich 3,5 Milliarden Euro. Dies sei der niedrigste Wert seit Dezember 2000. Damals lag der Überschuss bei gerade einmal 1,7 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Im April 2019 hatte der Saldo noch 17,8 Milliarden Euro betragen. „Vom Exportboom der vergangenen zehn Jahre ist wenig übrig geblieben“, kommentierte der Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe, Alexander Krüger, die Zahlen. Wegen den Grenzöffnungen sowie den jüngsten Lockerungen der Corona-Beschränkungen dürfte zwar inzwischen eine gewisse Erholung eingesetzt haben. „Der Weg aus dem Corona-Tal ist jedoch vor allem für den Außenhandel lang, steinig und vor allem unsicher“, so der Ökonom weiter.

INFO-BOX:
Deutsche Exporte seit April 2019 in Mrd. Euro
April 2019: 110,0
Mai 2019: 114,2
Juni 2019: 106,1
Juli 2019: 115,0
August 2019: 101,6
September 2019: 114,1
Oktober 2019: 119,7
November 2019: 113,1
Dezember 2019: 98,1
Januar 2020: 106,6
Februar 2020: 109,2
März 2020: 109,1
April 2020: 75,8
Hoffnungen auf eine generelle Trendwende gibt es derzeit indes nicht. Die Industrieaufträge aus dem Ausland brachen im April um 28,1 Prozent ein, da sich die meisten der wichtigen Abnehmerländer wie die USA oder Frankreich in einer Rezession befinden. Der Rückgang der Exporte nach China betrug hingegen nur vergleichsweise moderate 12,6 Prozent. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag rechnet wie auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) auf das Gesamtjahr gesehen mit einem Rückgang der Exporte um mindestens 15 Prozent. Da das wirtschaftliche Wachstum bei nahezu allen Handelspartnern dramatisch einbreche, werde auch die Nachfrage nach „Made in Germany“ deutlich sinken, so der BDI. Die aktuellen Zahlen seien daher nur „der Aufgalopp für noch stärkere Einschnitte in der deutschen Exportbilanz“.

Nach Einschätzung der Welthandelsorganisation (WTO) könnte der Welthandel in diesem Jahr um 13 bis 32 Prozent zurückgehen. Die tatsächliche Höhe hänge vom Verlauf der Corona-Krise ab. Schon im vergangenen Jahr hatte der Welthandel stagniert. Auslöser waren damals internationale Handelskonflikte sowie eine sich abkühlende globale Konjunktur. Für Deutschland erwartet die EU-Kommission 2020 einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von 6,5 Prozent. Dies wäre der stärkste Einbruch nach dem Zweiten Weltkrieg.

BDI: Erholung wird noch zwei Jahre dauern

Der Export zählt neben dem Privatkonsum zu den wichtigsten Stützen der deutschen Konjunktur. Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit sowie die Sorge um den Job werden nach Einschätzung des BDI auch den Privatkonsum in diesem Jahr um etwa sieben Prozent drücken. Die Erholung der Wirtschaft wird sich bis weit ins Jahr 2022 erstrecken, sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang. Auch ING-Volkswirt Carsten Brzeski geht nicht von einer schnellen Erholung aus. Die weitere andauernden internationalen Handelskonflikte, die stockenden Verhandlungen über ein Abkommen für die künftigen Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Großbritannien sowie die Unterbrechung der Lieferketten durch die Corona-Pandemie verhießen nicht sehr viel Gutes. Die Erholung werde kommen – sie werde aber nicht das Gleiche sein, wie eine Rückkehr zur Normalität, so Brzeski gegenüber dem „Handelsblatt“.