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Belarus: EU-Staaten erkennen Ergebnis der Präsidentschaftswahl nicht an

Die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten werden das Ergebnis der umstrittenen Präsidentenwahl in Belarus nicht anerkennen. Die Abstimmung vom 9. August sei weder fair noch frei gewesen, erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach einem EU-Sondergipfel zur politischen Krise in Belarus. Man „verurteile die brutale Gewalt gegen Menschen“, so Merkel weiter. Alle Gefangenen müssten bedingungslos freigelassen werden. Außerdem will sich die EU, wie von der Opposition gefordert, für einen nationalen Dialog einsetzen.

Russland räumt erstmals Unregelmäßigkeiten ein

Auch Russland hat heute erstmals auf Unregelmäßigkeiten bei der Abstimmung im Nachbarland hingewiesen. „Die Wahl verlief nicht ideal. Natürlich nicht“, sagte Außenminister Sergej Lawrow im russischen Staatsfernsehen. Dafür gebe es nicht wenige Beweise. Auch de Führung in Minsk sehe das und versuche, mit den Bürgern einen Dialog aufzubauen. Alle sollten versuchen, die Lage in Ordnung zu bringen. Bislang hatte sich die russische Seite kaum zum Wahlverlauf im strategisch wichtigen Nachbarland geäußert. Nach der Wahl hatte Russlands Präsident Wladimir Putin als einer der ersten Staatschefs dem autoritär regierenden Staatschef Alexander Lukaschenko zum vermeintlichen Wahlsieg gratuliert.

Dieser hatte noch vor Beginn des Sondergipfels die Staatschefs der EU dazu aufgefordert, sich mit lieber mit eigenen Problemen zu befassen. „Bevor sie mit dem Finger auf uns zeigen, sollten sie die Themen wie die „Gelbwesten“ in Frankreich oder die schrecklichen Unruhen in den USA auf die Tagesordnung ihrer Treffen setzen“, so Lukaschenko. „Man sollte heute nicht auf Belarus zeigen, um von den Problemen, die es in Frankreich, den USA, Deutschland und so weiter gibt“.

Opposition bittet EU um Unterstützung

INFO-BOX:
Belarus
Belarus, auch Weißrussland, ist ein osteuropäischer Binnenstaat mit rund 9,5 Millionen Einwohnern, der an Polen, die Ukraine, Russland, Lettland und Litauen grenzt. Nach der Auflösung der Sowjetunion 1991 wurde das Land unabhängig. Belarus ist mit rund 208.000 km² der größte Binnenstaat, der vollständig in Europa liegt. In dem Land leben rund 9,5 Millionen Menschen.
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Für die durch die Corona-Pandemie nur per Videokonferenz geführten Gespräche der Staats- und Regierungschefs war in Brüssel extra die politische Sommerpause unterbrochen worden. Die EU wollte damit ein deutliches Zeichen setzen, dass sie an der Seite der friedlich demonstrierenden Menschen in Belarus steht. Aus ihrem Exil in Litauen sagte die Präsidentschaftskandidatin Swetlana Tichanowskaja: „Verehrte Anführer Europas, ich rufe Sie dazu auf, das Aufwachen von Belarus zu unterstützen“.

Als Antwort auf die Polizeigewalt bei Demonstrationen hatten die Außenminister der EU-Staaten bereits in der vergangenen Woche Sanktionen gegen Unterstützer Lukaschenkos auf den Weg gebracht. Zudem soll es Strafmaßnahmen gegen Personen geben, die für eine Fälschung der Präsidentenwahl verantwortlich gemacht werden. Die Menschen in Belarus demonstrierten indes den elften Tag in Folge gegen den autoritären Machthaber. In Staatsbetrieben legten Beschäftigte erneut die Arbeit nieder, allerdings weniger als zu Wochenbeginn. Protestaktionen gab es nicht nur in Minsk, sondern auch in anderen Städten des Landes. Aber auch Unterstützer Lukaschenkos versammelten sich zu Straßenprotesten.

Belarus wirtschaftlich massiv von Russland abhängig

Indes warnte Russland vor einer ausländischen Einmischung in das stark von Moskau abhängige osteuropäische Land. Man sehe, dass der Westen die politische Krise nach der Abstimmung zu seinem eigenen Vorteil ausnutzen wolle. „Es geht nicht um Lukaschenko, Menschenrechte und Demokratie. Es geht um Geopolitik“, sagte Lawrow. Der Westen wolle Belarus eine Ordnung aufzwingen. „Wir haben diesen Kampf schon gesehen, nach dem Ende der Sowjetunion. Zuletzt natürlich in der Ukraine“. Ein externes Eingreifen, nämlich von Seiten Russlands, fürchtet hingegen der Präsident des Europaparlaments, David Sassoli. „Es gibt allen Grund, eine Eskalation der Repressionen und eine militärische Intervention zu befürchten“. Ein externes Eingreifen in die Krise, die Belarus im Augenblick durchmacht, werde die EU nicht hinnehmen.