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Israels Premierminister Benjamin Netanjahu soll wegen Korruption angeklagt werden

Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu soll nach übereinstimmenden israelischen Medienberichten wegen dreier Korruptionsfälle angeklagt werden. Diese Entscheidung habe Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit Netanjahu am Donnerstag nach zweijährigen Ermittlungen mitgeteilt. Dem 69-Jährigen Politiker des rechtsnationalen Likud werden zum einen Bestechlichkeit sowie Untreue und Betrug vorgeworfen. Dies könnte die politische Zukunft Netanjahus in Frage stellen, der insgesamt 13 Jahre lang als Ministerpräsident die Politik des Landes dominiert hat und bei den anstehenden Wahlen am 9. April erneut kandidieren will.

Netanjahu: Vorwürfe werden „wie ein Kartenhaus zusammenfallen“

INFO-BOX:
Bezeq
Der israelische Telekommunikationskonzern Bezeq wurde 1984 als staatseigenes Unternehmen gegründet und hat seinen Hauptsitz in Tel Aviv. 13 Jahre lang war es das einzige Unternehmen, das in Israel Telefondienste bereitstellte. 2005 wurde Bezeq privatisiert. Wegen der Korruptionsermittlungen bezüglich des Vorwurfs unsachgemäßer Geschäfte mit dem israelischen Kommunikationsministerium traten im vergangenen Jahr CEO Stella Handler sowie die Vorstandsmitglieder Shaul Elovitch, Or Elovitch und Orna Elovitch von ihren Ämtern zurück.
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Nach israelischem Recht muss vor der Anklage allerdings noch eine Anhörung Netanjahus erfolgen. Der Ministerpräsident selbst nannte die Vorwürfe noch vor der Veröffentlichung durch den Obersten Gerichtshof Israels „lächerlich“ und sprach von einem gezielten Versuch, seine politische Karriere zu zerstören. Die Vorwürfe gegen ihn würden „bald wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen“. Netanjahu und seiner Frau Sara werden im ersten Fall Bestechlichkeit, Untreue und Betrug in einer Affäre rund um den Telekom-Konzern Bezeq vorgeworfen.

Nach Ansicht der Ermittler liegen ausreichend Hinweise vor, dass es zwischen Netanjahu, seiner Frau, Bezeq-Eigentümer Shaul Elovitch sowie dessen Frau „korrupte Beziehungen“ gab. Der zweite Vorwurf betrifft die Annahme von Geschenken im Wert von einer Million Schekel (rund 230.000 Euro) von dem aus Israel stammenden Hollywood-Mogul Arnon Milchan sowie dem australischen Geschäftsmann James Packer, denen Netanjahu im Gegenzug politische Gefallen erwiesen haben soll. Im dritten Fall soll Netanjahu dem Verleger der Zeitung Yedioth Ahronoth im Gegenzug für positivere Berichterstattung Einschränkungen für das konkurrierende Gratisblatt Israel Hajom in Aussicht gestellt haben.

Nach Einschätzung von Rechtsexperten könnte der Bezeq-Fall Netanjahu am gefährlichsten werden. So hat sich nicht nur sein ehemaliger Medienberater den Ermittlern als Kronzeuge zur Verfügung gestellt, der Polizei liegen auch Aufnahmen vor, in denen Sara Netanjahu positive Berichterstattung im zum Bezeq-Imperium gehörenden Medium Walla, einem der führenden Nachrichtenportale Israels, einfordert. „Netanjahu und ihm Nahestehende haben wegen Inhalten auf der Walla-Website unverblümt interveniert, manchmal sogar täglich, und sie versuchten Einfluss zu nehmen auf die Bestellung von höherrangigen Angestellten (Redakteuren und Reportern), indem sie ihre Beziehungen zu Shaul und Iris Elovitch ausgenutzt haben“, erklärte die Polizei nach Abschluss der Ermittlungen. Der Premierminister selbst wird zudem verdächtigt, Bezeq in seiner Zeit als Kommunikationsminister (2014-2017) rechtliche Vergünstigungen ermöglicht zu haben.

Anklage gegen amtierenden Premier wäre Novum

Wann die geplante Anhörung Netanjahus stattfinden wird, steht derzeit noch nicht fest. Bis zu einer endgültigen Entscheidung über die Anklage kann noch bis zu ein Jahr vergehen. Es wäre das erste Mal in der Geschichte Israels, dass gegen einen amtierenden Regierungschef Anklage erhoben wird. 2008 drängte Netanjahu als Oppositionsführer den damaligen Ministerpräsidenten Ehud Olmert zum Rücktritt, als dieser unter Korruptionsverdacht geriet. Olmert trat noch vor der Anklageerhebung zurück und trat nach seiner Verurteilung eine 19-monatige Haftstrafe an, aus der er bereits nach 16 Monaten entlassen wurde. Seiner politischen Karriere hatten die Vorwürfe allerdings ein jähes Ende bereitet.