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Türkisches Gericht erlaubt Umwandlung der Hagia Sophia in Moschee

Das Oberste Verwaltungsgericht in der Türkei hat einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge den Status der berühmten Hagia Sophia in Istanbul als Museum annulliert und damit den Weg für eine Nutzung der einstigen Kirche als Moschee geebnet. Eine Begründung der Entscheidung lag zunächst nicht vor. Das Bauwerk, das zum UNESCO-Welterbe zählt, wurde im 6. Jahrhundert zunächst als Basilika errichtet und nach der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen 1453 in eine Moschee umgewandelt. Nach der türkischen Republikgründung 1953 wurde sie dann 1935 zum Museum.

Hagia Sophia seit 1985 UNESCO-Weltkulturerbe

INFO-BOX:
Hagia Sophia
Die Hagia Sophia wurde von 532 bis 537 n. Chr. vom byzantinischen Kaiser Justinian als christliche Kirche erbaut. Sie ist die letzte der spätantiken Großkirchen, die seit Konstantin dem Großen im Römischen Reich errichtet wurden. Bis zur Eroberung Konstantinopels 1453 durch die Osmanen war die Hagia Sophia die Kathedrale Konstantin-opels, Hauptkirche des Byzantinischen Reiches und damit Krönungskirche der byzantinisches Kaiser sowie der religiöse Mittelpunkt der Orthodoxie.
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Vor der heutigen Entscheidung hatte die UNESCO die Türkei vor der eigenmächtigen Umwandlung des historischen Gebäudes in eine Moschee gewarnt. Mit dem Status als Weltkulturerbe seien „eine Reihe von Zusagen und rechtlichen Verpflichtungen verbunden“, erklärte die UN-Kulturorganisation und rief die Türkei vor einer Entscheidung zum Dialog auf. Ein Staat dürfe „keine Veränderung an dem herausragenden universellen Wert“ eines Welterbe-Monuments vornehmen, unterstrich die UNESCO. Die Hagia Sophia gehört als Teil der Istanbuler Altstadt seit 1985 zum UNESCO-Welterbe. Ab wann das Gebäude wieder als Moschee genutzt werden soll, ist noch unklar. In türkischen Medien wird der 15. Juli, der Jahrestag des Putschversuchs in der Türkei, genannt. Nach Angaben der Zeitung „Hürriyet“ wird die Gerichtsentscheidung innerhalb der kommenden 30 Tage umgesetzt.

Vor der Hagia Sophia versammelte sich nach Bekanntwerden der Entscheidung spontan eine Gruppe Befürworter und skandierte „Allahu Akbar!“ („Gott ist groß!“). Die Polizei sperrte daraufhin den Platz vor dem Gebäude ab, auch Beamte der Einsatzpolizei brachten sich in Stellung. Es blieb jedoch in der Folge ruhig.

Der Status der Hagia Sophia ist ein Politikum. Anhänger der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP fordern seit langem, das Gebäude wieder zur Moschee zu machen. Vor allem in Griechenland und Russland gibt es aber wegen der Bedeutung der Hagia Sophia für die Orthodoxie große Bedenken gegen eine Änderung des Status. Auch die USA sowie die säkulare türkische Opposition lehnen dies ab. Die heutige Entscheidung könnte die Spannungen zwischen der Türkei und dem Nachbarn Griechenland daher weiter verschärfen, die sich ohnehin schon längere Zeit um Erdgasvorkommen im östlichen Mittelmeer streiten.

EU: Gebäude Symbol des glaubensübergreifenden Dialogs

Auch die EU kritisierte die Entscheidung des Obersten Verwaltungsgerichts der Türkei. EU-Kommissionsvize Margaritis Schinas sagte, der aktuelle Status der Hagia Sophia als Museum müsse erhalten bleiben. Andernfalls würden Toleranz und Offenheit Istanbuls untergraben. Das Gebäude sei ein Symbol des glaubensübergreifenden und interkulturellen Dialogs. Auch als Moschee könnten Touristen die Hagia Sophia weiter besichtigen. Im vergangenen Jahr zog das Bauwerk nach offiziellen Angaben rund 3,7 Millionen Besucher an. Damit war sie das meistbesuchte Museum in der Türkei. Berühmt ist sie vor allem wegen der rund 56 Meter hohen Kuppel, die nahezu schwerelos über dem Hauptraum zu schweben scheint. Im Inneren sind die Wände mit byzantinischen Mosaiken und Marmor verziert. Um dem Bilderverbot im Islam gerecht zu werden, müssten die Mosaiken während des islamischen Gebets abgedeckt werden.