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Bergkarabach: Internationale Gemeinschaft ruft zu Waffenstillstand auf

Seit Jahrzehnten streiten die Kaukasusländer Armenien und Aserbaidschan um die Region Bergkarabach. Nun ist der Konflikt erneut eskaliert. Trotz internationaler Aufrufe zur Beendigung der Kampfhandlungen, hat Aserbaidschan seine militärische Offensive in der umkämpften Region auch am Dienstag fortgesetzt. Es handelt sich um die schwersten Gefechte in der Region seit Jahren. Beide Länder haben jetzt den Kriegszustand verhängt.

Russland und Türkei Verbündete der Konfliktparteien

INFO-BOX:
Bergkarabach
Der heutige Karabach-Konflikt geht auf die Zerfallsperiode der ehemaligen Sowjetunion Anfang der 1990er-Jahre zurück. Die überwiegend von Armeniern bewohnte aserbaidschanische Region Nagorny-Karabach erklärte unter dem Einfluss des zunehmenden armen-ischen Nationalismus ihre Unabhängigkeit. Der Krieg von 1992-1994 gehört mit rund 30.000 Toten zu den größten Gewaltereignissen im postsowjetischen Raum. Blutige Zusammenstöße zwischen den Volksgruppen der Armenier und Aseris gab es zuvor bereits in den Jahren der beiden russischen Revolutionen 1905 und 1917-1920.
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Armenien und Aserbaidschan geben sich gegenseitig die Schuld für das Wiederaufflammen der Kämpfe. Auch Großmächte sind in den Konflikt involviert. So hat Armenien ein Verteidigungsbündnis mit Russland, die Türkei ist ein Verbündeter Aserbaidschans. Beide Konfliktparteien warfen sich vor diesem Hintergrund vor, ausländische Unterstützung zu erhalten. Die Nachrichtenagentur Interfax zitierte den armenischen Botschafter in Russland mit den Worten, die Türkei habe rund 4.000 Kämpfer aus Nordsyrien nach Aserbeidschan geschickt. Dem armenischen Außenministerium zufolge kämpften türkische Militärexperten „Seite an Seite“ mit Aserbeidschan. Die Türkei wies die Vorwürfe zurück. Aserbaidschan hatte nach eigenen Angaben bereits am Wochenende sieben Dörfer in Bergkarabach sowie strategisch wichtige Anhöhen ein. Kämpfer aus Bergkarabach versuchten demnach vergeblich, die Stellungen wieder unter ihre Kontrolle zu bringen. Die Streitkräfte der ölreichen Republik Aserbaidschan sind denen des verarmten Landes Armenien um ein Vielfaches überlegen.

Die internationale Gemeinschaft rief die Konfliktparteien derweil zu Verhandlungen auf. Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte einen Waffenstillstand zwischen den verfeindeten Nachbarstaaten. Dazu telefonierte sie mit dem armenischen Ministerpräsidenten Nikol Paschinjan sowie dem Staatschef von Aserbaidschan, Ilcham Alikew, wie Regierungssprecher Steffen Seibert mitteilte. Die Basis für Verhandlungen biete die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) mit der Minsker Gruppe. Die Nachbarländer der Konfliktparteien sollten der Kanzlerin zufolge ebenfalls zu einer friedlichen Lösung beitragen. Auch China und Russland forderten beide Länder zur Beendigung der Kämpfe und zum Dialog auf. Russlands Präsident Wladimir Putin telefonierte ebenfalls mit dem armenischen Ministerpräsidenten. Russland unterhält einen Militärstützpunkt in Gjumri, etwa 120 Kilometer nördlich der armenischen Hauptstadt Eriwan. Diese sei der wichtigste Sicherheitsfaktor in der Region, sagte der armenische Botschafter in Moskau, Wardan Toganjan, gegenüber Interfax.

Bergkarabach fiel unter Stalin an Aserbaidschan

Armenien sieht es bis heute als historisches Unrecht an, dass das seit Jahrhunderten christlich geprägte Bergkarabach unter dem sowjetischen Diktator Josef Stalin dem muslimisch dominierten Aserbaidschan zugeschlagen worden war. Aserbaidschan wiederum beruft sich auf das Völkerrecht, nach dem Bergkarabach zu seinem Gebiet gehört. In einem Krieg nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion verlor Aserbaidschan wieder die Kontrolle über das Gebiet. Es wird heute von christlichen Karabach-Armeniern bewohnt. Bei den Kämpfen mit damals rund 30.000 Toten hatte sich Russland letztlich auf die Seite Armeniens gestellt. Seit 1994 bemühen sich die USA, Russland und Frankreich in der von der OSZE initiierten Minsker Gruppe um Vermittlung. Seitdem galt in der Region ein brüchiger Waffenstillstand.