Öffentlich nutzbare WLAN-Hotspots sind in Deutschland noch immer Mangelware. Kann man in anderen Ländern in nahezu jedem Café eine kostenlose WLAN-Verbindung aufbauen, wurde diese Entwicklung hierzulande durch die sogenannte Störerhaftung ausgebremst. Wie heute bekannt wurde, soll damit in Zukunft Schluss sein.
1. Rechtsunsicherheit für Betreiber wird beseitigt
2. Widerstand gegen Neuregelung bröckelte nur langsam
Rechtsunsicherheit für Betreiber wird beseitigt
Störerhaftung |
---|
Nach der zivilrechtlichen Störerhaftung kann derjenige, der – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beiträgt, als Störer auf Unterlassung der Rechtsverletzung in Anspruch genommen werden. Diese Störerhaftung ist die Basis des Geschäftsmodells von auf Abmahnungen spezialisierten Anwaltskanzleien. Durch eine Neuregelung des Telemediengesetzes soll diese nun bezüglich privater und nebengewerblicher WLAN-Netze ausgeschlossen werden. |
In den vergangenen Jahren war dies anders. 2010 urteilte der Bundesgerichtshof, dass WLAN-Betreiber Verantwortung für die Einhaltung geltenden Rechts in ihren Netzen verantwortlich sind. Wurden beispielsweise Filme oder Musik illegal über einen Anschluss heruntergeladen, konnte der Inhaber abgemahnt werden, ohne dass es eine Rolle gespielt hätte, wer den Download tatsächlich durchgeführt hat.
Mit der Neuregelung entfällt diese Haftbarkeit. Die Betreiber sollen nur noch bei dauerhaft missbräuchlichem Verhalten dafür verantwortlich sein, die entsprechenden Nutzer vom Dienst auszuschließen. Damit wird die größte Hürde für den Aufbau offener WLAN-Hotspots in öffentlichen Einrichtungen und zu gemeinnützigen Zwecken ausgeräumt, wie es beispielsweise die nichtkommerzielle Freifunk-Initiative anstrebt.
Widerstand gegen Neuregelung bröckelte nur langsam
Obwohl der neue Beschluss von Netzaktivisten und Wirtschaftsvertretern gleichermaßen begrüßt wird, gab es in der Regierung lange Widerstand gegen eine Aufweichung der Störerhaftung. Ein im vergangenen Jahr von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) vorgelegter Gesetzesentwurf, der die Regelung nur leicht aufweichen sollte, stieß allerdings auf Gegenstimmen von Fachpolitikern und aus dem Bundesrat. Gleichzeitig hatte ein Piratenpolitiker vor dem Europäischen Gerichtshof gegen eine mit der Störerhaftung begründete Abmahnung geklagt und gute Chancen, Recht zu bekommen. Das deutsche Gesetz wäre dann ohnehin auf europäischer Ebene gekippt worden.
Abgestimmt werden soll über den Wegfall der Störerhaftung nach Willen von Fachpolitikern schon bei der nächsten Sitzung des Wirtschaftsausschusses. Sollte das Gesetz den Bundestag noch in diesem Monat passieren, wäre der Weg für mehr offene Funknetze ab Herbst frei.