Politik

Polen: PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski verlässt Regierung

Der Vorsitzende der rechtspopulistischen polnischen Regierungspartei PiS, Jaroslaw Kaczynski, gibt sein Amt als stellvertretender Ministerpräsident ab. Er habe sein Rücktrittsgesuch bei Regierungschef Mateusz Morawiecki eingereicht und dieser habe es angenommen, sagte der 73-Jährige am Dienstag in einem Interview mit der polnischen Presseagentur PAP. Auch Präsident Andrzej Duda habe dem Gesuch zugestimmt. Den für Sicherheitsfragen zuständigen Stellvertreterposten übernimmt nun Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak. Seinen Einfluss auf die Regierungsgeschäfte verliert Kaczynski mit dem heutigen Schritt aber nicht.

PiS-Chef Kaczynski gilt als Strippenzieher

INFO-BOX:
Prawo i Sprawiedliwość (PiS)
Die Prawo i Sprawiedliwość ("Recht und Gerechtigkeit") wurde 2001 vom damaligen Justizminister Lech Kaczyński und seinem Zwillingsbruder Jarosław gegründet. Sie gilt als gemäßigt EU-skeptisch und wird als nationalkonser-vativ, christdemokratisch und (rechts-)populistisch charakterisiert.
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„In diesem Moment bin ich schon nicht mehr in der Regierung“, hatte der PiS-Chef während des Interviews erklärt. Er wolle sich künftig auf die Arbeit in der Partei konzentrieren. Diese müsse im Hinblick auf die im Herbst kommenden Jahres anstehende Parlamentswahl wieder Kraft gewinnen. Das sei für die Zukunft Polens von größter Wichtigkeit. Bereits vor zwei Wochen hatte ein Regierungssprecher den baldigen Rückzug Kaczynskis aus dem Kabinett angekündigt, wo er seit 2020 stellvertretender Regierungschef war und die Bereiche Sicherheit und Verteidigung koordinierte.

Doch Kaczynski ist vor allem Strippenzieher. Seit dem ersten Sieg seiner PiS bei der Parlamentswahl 2015 gilt er allgemein als der Mann, der Polen de facto regiert. Es wird allgemein erwartet, dass sein Ausscheiden aus der Regierung daran nichts ändert.

Der Vorsitzende der oppositionellen konservativen Bauernpartei (PSL), Wladyslaw Kosiniak-Kamysz, sagte ebenfalls am Dienstag im privaten Fernsehsender TVN24, dass Kaczynski „der eigentliche Anführer des regierenden Lagers ist“ – egal, ob er nun Vize-Ministerpräsident oder Parteivorsitzender sei. „Wichtig ist, dass er derjenige ist, der die Entscheidungen trifft. Er ist die Schlüsselperson“.

Polen will sich ausreichend bewaffnen

Unter dem Einfluss des scheidenden Vizeministerpräsidenten rückten in den vergangenen Jahren die nationalen Interessen ins Zentrum – etwa bei der Klima- oder der Migrationspolitik. Deswegen gab es auch immer wieder Kontroversen mit der EU. So streitet man sich seit inzwischen fünf Jahren über eine umstrittene Justizreform, mit der Polen nach Ansicht von Brüssel gegen geltendes EU-Recht verstößt. Im Interview erklärte der ehemalige Ministerpräsident Polens (2006-2007) weiter, er habe erfüllt, was er sich vorgenommen habe. „Die wichtigsten Entscheidungen sind getroffen worden“ – auch wenn der Krieg in der Ukraine in diesen Plänen nicht vorgesehen gewesen sei. Polen wolle sich „ausreichend bewaffnen, sodass ein Angriff auf unser Land völlig unvernünftig ist“.

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Ralf Schmidl

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