Coronavirus: WHO hält Labor-Theorie nun doch für „wahrscheinlich“

Der Chefermittler der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hält es entgegen früherer Verlautbarungen doch für möglich, dass sich in einem der Labore im chinesischen Wuhan der weltweit erste Corona-Patient durch eine Fledermaus infiziert haben könnte. Dem dänischen Sender TV2 sagte Peter Ben Embarek: „Ein Mitarbeiter, der sich im Feld durch Probenahmen infiziert hat, fällt unter eine der wahrscheinlichen Hypothesen“. In ihrem Bericht hatte die Expertengruppe diese Theorie nach einem Besuch vor Ort noch als „sehr unwahrscheinlich“ bezeichnet.

China lehnt weitere Kontrollen ab

Das Team internationaler Experten hatte im Januar dieses Jahres Wuhan besuchen können – mehr als ein Jahr nach Entdeckung des Virus. An dem Abschlussbericht der Experten wurde jedoch schnell Zweifel laut. Zahlreiche Staaten äußerten ihre Besorgnis darüber, dass den Fachleuten bei ihrer Untersuchung in China der Zugang zu Daten verwehrt worden sei. Noch im Juli erklärte die WHO, sie wolle in einer zweiten Stufe der Untersuchungen zum Corona-Ursprung auch die Labore in China kontrollieren. Die Regierung in Peking lehnte dies umgehend ab. Man sei „gegen die politische Zurückverfolgung (…) und die Aufgabe des gemeinsamen Berichts“, sagte Vizeaußenminister Ma Zhaoxu am Freitag. Weitere Nachforschungen könnten ausschließlich auf Grundlage des bereits veröffentlichten Berichts stattfinden.

In Wuhan gibt es zwei Labore: Ein nationales Sicherheitslabor, das sich rund 30 Kilometer außerhalb der Stadt befindet. Zudem ein regionales Labor mitten in der Stadt. Dieses liegt nur weniger hundert Meter von dem Fischmarkt entfernt, auf dem einige der ersten bekannten Corona-Fälle auftraten.

Labor-Theorie: Druck von chinesischer Seite

INFO-BOX: Weltgesundheits-organisation (WHO)
Die Weltgesundheits-organisation (WHO) ist die Koordinationsbehörde der Vereinten Nationen für das internationale öffentliche Gesundheitswesen. Sie wurde am 7. April 1948 gegründet und zählt heute 194 Mitgliedsstaaten.
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Die WHO rief China nun dazu auf, Rohdaten zu den ersten Corona-Fällen offenzulegen. Der Zugang zu diesen Informationen sei von „entscheidender Bedeutung“ für die weiteren Untersuchungen zum Ursprung der Pandemie. Dies sei ebenfalls erforderlich, um die Theorie eines Laborunfalls zu prüfen. Um die Untersuchungen zum Corona-Ursprung voranzutreiben, seien alle Länder aufgerufen, die gemeinsame Nutzung von Rohdaten und die erneute Untersuchung von Proben zu ermöglichen, betonte die WHO. Bisher lägen keine belastbaren Beweise vor, die die Theorie eines Laborunfalls erhärteten, so Embarek.

Allerdings hätten chinesische Offizielle großen Druck auf die Untersuchung ausgeübt, um die Labortheorie im Bericht zu streichen. Die Version sei unmöglich, darauf solle man keine Zeit verschwenden, berichtete Embarek. „Wir haben darauf bestanden, dass wir es aufnehmen, weil ein Teil der Fragestellung ist, woher das Virus kam“. Die Delegation konnte in Wuhan in die Labors, bekam aber nur eine Präsentation zu sehen, keine Laborbücher oder Dokumente. China sperre sich seiner Ansicht nach so gegen die Möglichkeit eines Ausbruchs in einem Labor, weil dann ein menschlicher Fehler hinter einem solchen Vorfall stecken würde, sagte Embarek. „Und das geben sie nicht sehr gerne zu“.

USA hält Chinas Blockadehaltung für „gefährlich“

Die WHO rief die internationale Staatengemeinschaft gleichzeitig dazu auf, die Suche nach dem Ursprung des Coronavirus nicht zu politischen Zwecken zu missbrauchen. Es komme auf rasche Kooperation an, um künftig bei Krankheitserregern mit pandemischem Potenzial besser reagieren zu können. Die Suche nach den Ursprüngen des Erregers solle keine Übung in Schuldzuweisungen oder Fingerzeigen sein. Die USA werfen China seit Langem vor, transparente Analysen zu verhindern. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, hatte die Position Chinas gar als „unverantwortlich und offen gesagt, gefährlich“ bezeichnet. Peking argwöhnt hingegen, dass die USA China die Schuld an der Verbreitung des Virus geben wollen. Gleichzeitig wird in China auch die Theorie gestreut, dass das Coronavirus auch aus einem Labor des US-Militärs entwichen sein könnte.