home Gesundheit, Politik „Vorteile überwiegen“: STIKO empfiehlt Corona-Impfung für 12- bis 17-Jährige

„Vorteile überwiegen“: STIKO empfiehlt Corona-Impfung für 12- bis 17-Jährige

Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut (RKI) hat ihre Empfehlungen für eine Corona-Schutzimpfung aktualisiert. Nun empfiehlt sie die Impfung auch für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren. Bisher galt dies nur für einen bestimmten Personenkreis, etwa für besonders durch COVID-19 gefährdete Personen mit bestimmten Vorerkrankungen oder für Kinder und Jugendliche, in deren Haushalt besonders gefährdete Personen leben.

mRNA-Impfstoffe auch bei Kindern gut verträglich

INFO-BOX:
Ständige Impf-
kommission (STIKO)
Die STIKO wurde 1972 am damaligen Bundesgesund-heitsamt in Berlin ein-gerichtet. Die ehren-amtliche sowie politisch und weltanschaulich unabhängige Experten-gruppe hat aktuell 18 Mitglieder und ist seit 1994 beim Robert Koch-Institut in Berlin angesiedelt.
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Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sprach von einer guten Nachricht. „Eltern und Jugendliche haben damit eine klare Empfehlung, sich für die Impfung zu entscheiden. Die Fakten sprechen für eine Impfung, ausreichend Impfstoff für alle Altersgruppen ist da“, so Spahn. Die STIKO teilte mit, dass man „nach gegenwärtigem Wissensstand die Vorteile der Impfung gegenüber dem Risiko von sehr seltenen Impfnebenwirkungen überwiegen“. Bisher hatte das Gremium keine generelle Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren abgegeben. Als Grund nannte die STIKO hierfür stets die Datenlage. Dennoch beschlossen die Gesundheitsminister Anfang August, auch dieser Altersgruppe ein Impfangebot zu machen.

Laut RKI zeigen die Impfstoffe von BioNTech/Pfizer und Moderna bei Kindern ab zwölf Jahren eine Wirksamkeit von 100 Prozent. Zudem sei die Impfung gut verträglich. Laut den Autoren einer Studie im „New England Journal of Medicine“ waren die Nebenwirkungen bei den Kindern ähnlich wie in anderen Altersgruppen. So klagten sie am häufigsten über Schmerzen an der Einstichstelle (79-86 Prozent), Müdigkeit (60-66 Prozent) und Kopfschmerzen (55-65 Prozent). Etwa 20 Prozent bekamen nach der zweiten Impfung Fieber. Die Beschwerden verschwanden aber meist wieder innerhalb weniger Tage.

Impfung „keine Bedingung für Schulbesuch“

Indes widersprach STIKO-Chef Thomas Mertens Vermutungen, die Kommission habe sich politischem Druck gebeugt. „Das ist objektiv Unsinn“, sagte der 71-Jährige den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Wir haben die Empfehlungen deshalb aktualisiert, weil mittlerweile deutlich mehr Daten und Erkenntnisse zur Impfung von Kindern ab zwölf Jahren vorliegen“. Die Kommission sprach sich aber gleichzeitig dafür aus, dass die Impfung bei Kindern und Jugendlichen nicht „zur Voraussetzung sozialer Teilhabe“ gemacht werden dürfe. Regierungssprecher Steffen Seibert versicherte in Berlin, es werde für Schülerinnen und Schüler keine Pflicht zur Impfung geben. „Es bleibt dabei, was wir gesagt haben, dass es keinen Impfzwang gibt oder das Impfen nicht Bedingung für den Schulbesuch ist“.

Auch SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach begrüßte die neue Empfehlung der Expertenkommission. „Die STIKO hat sehr lange mit ihrer Empfehlung für Kinder gewartet“. Damit habe sie es für viele Kinder über zwölf Jahren schwer gemacht, eine Impfung zu erhalten, sagte der Epidemiologe gegenüber der „Rheinischen Post“. Er hoffe, dass es nun auch bald einen Impfstoff für unter Zwölfjährige gebe. Zugleich forderte der 58-jährige Politiker mehr Druck auf Erwachsene, sich impfen zu lassen.

Höheres Risiko für Altersgruppe in der vierten Welle

Mehrere Länder impfen bereits Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren, darunter die USA und Israel. Teil der STIKO-Abwägung war auch die Delta-Variante, die sich derzeit vermehrt in der jungen Bevölkerungsgruppe ausbreitet. Aktuelle mathematische Modellierungen hätten zudem ergeben, dass für Kinder und Jugendliche ein deutlich höheres Risiko für eine Sars-CoV-2-Infektion in einer möglichen vierten Infektionswelle bestehe, so die STIKO. „Unsicher bleibt, ob und wie häufig Long Covid bei Kindern und Jugendlichen auftritt“. Auch ohne generelle Empfehlung waren bisher schon Impfungen bei Gesunden in der Altersgruppe der 12- bis 17-Jährigen nach „ärztlicher Aufklärung und bei individuellem Wunsch und Risikoakzeptanz“ möglich. Davon haben nach Daten des RKI vom Montag inzwischen 24,3 Prozent Gebrauch gemacht. 15,1 Prozent sind vollständig geimpft.