home Gesundheit Chemotherapie bei Brustkrebs: Gentests bieten keine absolute Sicherheit

Chemotherapie bei Brustkrebs: Gentests bieten keine absolute Sicherheit

Gentests sollen seit einigen Jahren dabei helfen, unnötige Chemotherapien bei Brustkrebs zu vermeiden. Laut ihren Herstellern können sie anhand bestimmter Genmerkmale Auskunft darüber geben, ob die Erkrankung nach einer Operation zurückkehren wird. In Deutschland werden diese Genexpressionstests seit mehreren Jahren angewendet. Darüber, ob sie halten, was sie versprechen, ist sich die Fachwelt allerdings uneins.

Experten warnen vor falschem Sicherheitsgefühl

INFO-BOX:
Genexpressionstest
Mit einem Genexpressionstest wird die Auswahl einer individuell optimierten Brustkrebstherapie bestimmt. Bekannte Tests sind bsp. MammaTyper, EndoPredict oder Prosigna. Genexpressionstests werden in Deutschland nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung bezahlt.
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In einem jetzt veröffentlichten Leitfaden für Onkologen geht die Deutsche Krebshilfe erstmals auf die Tests ein. Darin konstatiert die Organisation, derartige Genuntersuchungen würden eine zunehmend wichtige Rolle neben klassischen Prognosefaktoren spielen. Deshalb sollen die Tests nach Ansicht der Experten in bestimmten Szenarien angewandt werden. Herrscht aufgrund der üblichen Methoden Unsicherheit über das Vorgehen, wird die Genanalyse als weitere Entscheidungshilfe empfohlen. Im Gegensatz zu den Versprechen der Hersteller kann die neue Methode der Deutschen Krebshilfe zufolge aber keine völlige Sicherheit bieten.

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in Köln hegt noch größere Zweifel am Sinn der Maßnahme. Nach einer vor einem Jahr veröffentlichten Einschätzung fehlt den Genexpressionstests ein sicherer Nachweis der Verlässlichkeit, weil Studien dazu nicht abgeschlossen waren. Nun legte das Institut mit einer Entscheidungshilfe für Patientinnen nach, in der man kritisiert, die Hersteller versprächen eine Sicherheit, die in Wahrheit nicht existiert. Folglich rät man Betroffenen, sich bei der Entscheidung für oder gegen eine Chemotherapie nicht allein auf das Ergebnis der Gendiagnose zu verlassen.

Nachbeobachtungszeitraum aktuell zu kurz

Dass das IQWiG und die Deutsche Krebshilfe zu unterschiedlichen Einschätzungen kommen, begründet der Direktor der Frauenklinik am Universitätsklinikum Würzburg, Achim Wöckel, mit Studienergebnissen, die das IQWiG bei der Bewertung außen vor gelassen hat. Einigkeit herrsche jedoch darüber, dass ein breiter Einsatz der Tests unnötig ist und auch weiterhin auf klassische Parameter geachtet werden muss. Darüber hinaus bemängelt auch Wöckel die Studienlage.

Aktuell beschränkt man sich auf einen Nachbeobachtungszeitraum von fünf Jahren, was bei Brustkrebs sehr kurz sei. Die meisten Wiedererkrankungen, die durch eine Chemotherapie verhindert werden sollen, treten nach 10 bis 15 Jahren auf. Laut dem Mediziner braucht es folglich Langzeituntersuchungen mit einer großen Zahl an Teilnehmerinnen, um die Treffgenauigkeit der Tests tatsächlich einschätzen zu können. Zu diesem Ergebnis kommt auch die Leitlinie der Deutschen Krebshilfe. „Wichtig ist, dass alle Experten einen dringenden Forschungsbedarf für die weitere Untersuchung und klinische Validierung von Genexpressionstests sehen“, heißt es in dem Papier.

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