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737 Max-Absturz: Indonesische Ermittler machen Boeing verantwortlich

Fast genau ein Jahr nach dem Absturz eines Passagierflugzeugs vom Typ Boeing 737 Max in Indonesien haben die Ermittler der zuständigen Behörden ihren Abschlussbericht vorgelegt. Und dieser hat es in sich. Die Experten haben einen Konstruktionsfehler des Herstellers als Unglücksursache ausgemacht. Der Absturz, bei dem 189 Menschen ums Leben kamen, sei unter anderem auf eine Fehlfunktion des Kontrollsystems zurückzuführen, so die Ermittler. Hinzu kommen unzureichende Angaben von Boeing im Umgang mit Problemen im Bordsystem sowie Mängel in der Kommunikation der Flugbesatzung. Der offizielle Bericht soll erst am Freitag veröffentlicht werden, die Behörden informierten aber die Angehöriger der Opfer vorab.

Boeing-Nettogewinn bricht um die Hälfte ein

INFO-BOX:
Boeing 737-Max
Die Boeing 737-Max ist eine Weiterentwicklung des seit Mitte der 1960er-Jahre gebauten Mittelstreckenjets 737. Dieser ist nicht nur das meistproduzierte Flugzeug der Welt, sondern gilt auch als extrem zuverlässig. Bei den Max-Versionen baute Boeing sparsamere, aber auch zugleich größere Triebwerke ein. Diese ragen weiter als bei anderen Versionen nach vorn und erschweren den Piloten in bestimmten Fluglagen die Kontrolle über die Maschine. Daher wurde erstmals die neue Steuerungssoftware MCAS verbaut, die nun stärker in das Geschehen eingreift als die Software bei älteren Maschinen.
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Das eigens für die Boeing 737 Max entwickelte Steuerungsprogramm MCAS („Maneuvering Characteristics Augmentation System“) ist demnach von einem einzigen Sensor abhängig, der außen am Flugzeug angebracht ist. Dieser lieferte bei der Unglücksmaschine falsche Daten, worauf die Steuerung die Nase des Flugzeugs immer wieder nach unten drückte. Die Piloten versuchten immer wieder vergeblich, die Maschine nach oben zu ziehen, was aber nicht gelang. Die Maschine stürzte schließlich ins Meer. Dieser und ein weiterer Absturz in Äthiopien mit 157 Opfern führten zu einem weltweiten Startverbot des Flugzeugtyps Boeing 737 Max. Im Zentrum der Ermittlungen steht seitdem die Frage, ob es eine Verbindung zwischen den beiden Unfällen gab. Schon früh wurde dabei klar, dass die Piloten in beiden Flugzeugen Probleme mit der Kontrolle des Aufstiegswinkels hatten.

Für Boeing kommen diese Berichte zur Unzeit. Der US-Luftfahrtkonzern stellte im Laufe des Tages seinen Zwischenbericht zum zurückliegenden Quartal vor. Und dieser fiel desaströs aus. Von Juli bis September brach der Nettogewinn um 51 Prozent auf 1,17 Milliarden Dollar ein. Die Umsätze gingen um 21 Prozent auf 19,98 Milliarden Dollar zurück. Schon im April hatte das Unternehmen seine Jahresprognose kassiert. Neben den gewaltigen Problemen beim 737 Max muss Boeing auch bei zwei anderen Flugzugmodellen auf die Bremse treten. Die Produktion des 787 Dreamliners wird für zwei Jahre von bisher 14 auf 12 Flugzeuge pro Monat reduziert. Außerdem soll die erste Auslieferung der Ultralangstreckenversion des Models 777X nun erst 2021 und damit ein Jahr später als bisher geplant erfolgen. Damit gerät der US-Konzern weiter gegenüber seinem europäischen Konkurrenten Airbus ins Hintertreffen.

Chefpilot kritisierte MCAS schon vor der Zulassung

Zudem wurde jetzt bekannt, dass die US-Luftfahrtbehörde FAA Vorwürfe gegen Boeing wegen angeblicher Versäumnisse erhoben hat. So soll der Flugzeughersteller ein wichtiges Dokument zwar schon vor Monaten aufgetrieben, aber bis vor wenigen Tagen der Aufsichtsbehörde vorenthalten haben. In diesem soll sich der technische Chefpilot Mark Forkner bereits im November 2016, also mehrere Monate vor der Zulassung der 737 Max durch die FAA, nach Testflügen in einem Flugsimulator über die schlechten Flugeigenschaften der 737 Max beschwert haben. Gegenüber einem Boeing-Kollegen bezeichnete Forkner in Textnachrichten, die jetzt US-Medien veröffentlichten, das MCAS-System als „ungeheuerlich“ und klagte darüber, dass die Automatik im Simulator „geradezu außer Kontrolle“ geraten sei. Am Dienstag entließ der Konzern daraufhin den Chef der Passagiermaschinensparte Kevin McAllister und ersetzte ihn durch Stan Deal. Dieser hatte bisher den Geschäftsbereich Global Services des Unternehmens geführt.