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„Check Now“: Schufa will künftig auch in Kontoauszüge schauen

Die Schufa plant offenbar, Verbraucherinnen und Verbraucher künftig auch anhand ihrer Kontoauszüge zu bewerten. Nach Recherchen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung (SZ) testet Deutschlands größte Wirtschaftsauskunftei seit Anfang November gemeinsam mit dem Mobilfunkkonzern Telefonica/o2 einen neuen Service. Mit dem „Check Now“ genannten Angebot kann die Schufa an sensible Daten gelangen – Datenschützer schlagen deshalb Alarm.

Neuer „Super-Score“ bei schlechter Bonität

INFO-BOX:
Schufa
Die Schufa wurde 1927 in Berlin gegründet und hat heute ihren Sitz in Wiesbaden. Sie versorgt Vertragspartner mit Informationen zur Bonität Dritter. Die Schufa beschäftigt rund 900 Mitarbeiter und verfügt über 943 Millionen Einzeldaten zu Personen und Unternehmen. Sie bearbeitet jährlich etwa 165 Millionen Anfragen zur Kreditwürdigkeit.
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Wer bisher nur schwer an Kredite oder Handyverträge kommt, weil seine Bonität bei der Schufa zu schlecht ist, soll künftig von „Check Now“ profitieren können. Die Wirtschaftsauskunftei will dann die Kreditwürdigkeit noch einmal anhand neuer Kriterien unter die Lupe nehmen. Möglicherweise käme dadurch eine bessere Bewertung der Kreditwürdigkeit zustande, als es der sogenannte Schufa-Score bisher vermuten ließ. Der Haken an der Sache: Nutzer müssen bei „Check Now“ einwilligen, dass die Schufa die eigenen Kontoauszüge systematisch auswerten, zwölf Monate lang speichern und weiterverarbeiten darf. Die Prüfer erhalten so beispielsweise Informationen zu Gehaltszahlungen, Miete, staatlichen Leistungen wie Hartz IV, Unterhaltszahlungen, Arztkosten oder Urlaubsreisen. Zudem kann die Schufa „Risikofaktoren“ identifizieren. Dazu gehören unter anderem Glücksspiele, Zahlungen an Inkassoinstitute oder Rücklastschriften. Das Wissen daraus könnte dann in einer Art Super-Score zusammengefasst werden.

Die rechtliche Grundlage hierfür bildet die 2019 in Kraft getretene zweite EU-Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2). Über sogenannte Kontoinformationsdienste ist es seither möglich, Einblicke in Konten zu bekommen, wenn die Kontoinhaber diesem zustimmen. Mit der Firma finAPI hat die Schufa Ende 2018 einen solchen Kontoinformationsdienst übernommen. Damals verkündete man, finAPI verfüge über den „gesicherten Zugang zu derzeit 58 Millionen Endkunden-Konten“.

Datenschützer: Das ist Horror

Datenschützer zeigen sich angesichts des neuen Angebots der Schufa, das sich aktuell in einer dreimonatigen Testphase befindet, entsetzt. Peter Schaar, von 2003 bis 2013 Bundesdatenschutzbeauftragter, sagte gegenüber der SZ, dass wahrscheinlich niemand die „tatsächliche Reichweite dieser Einwilligung überschauen“ könne. Dabei mache man sich mit der Einwilligung „wirklich nackig“. Er fürchte, dass so umfassende Persönlichkeitsprofile zum Nachteil der Verbraucher entstehen könnten. „Wenn jemand sich an irgendwelchen Online-Wetten beteiligt, dann wird sich das sicherlich nicht positiv auf die Bonität auswirken“. Der Kunde bekäme dann womöglich nicht nur keinen Handyvertrag, sondern „auch keinen Versicherungsvertrag oder keinen Kredit“, so Schaar. Thilo Weichert, bis 2015 Datenschutzbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein, findet das Vorhaben der Schufa ebenfalls „hochproblematisch“. Die hochsensiblen Daten würden ausschließlich im Unternehmensinteresse verwendet, ohne dass der Betroffene dies nachvollziehen könne. „Das ist für mich tatsächlich ein Horror“.

Bayerische Datenschutzaufsicht leitet Prüfung ein

Die Schufa selbst wollte sich auf Nachfrage nur zur derzeitigen Testphase äußern. Über die spätere Ausgestaltung des finales Produkts könne man derzeit noch keine Auskunft geben. Eine Datenverarbeitung von Kontoauszügen für Schufa-eigene Zwecke finde jedoch nur statt, „wenn der Verbraucher – und zwar ausdrücklich und unabhängig von der eigentlichen Dienstleistung – eine gesonderte Einwilligung“ erteile. In der derzeitigen Testphase würden jedoch keine Daten gespeichert. Mobilfunkanbieter Telefonica/o2 erklärte gegenüber dem NDR: „Wir testen aktuell lediglich in einem Pilotprojekt mit einer geringen Zahl von weniger als 100 Nutzern die Nachfrage und Akzeptanz des Check Now-Verfahrens der Schufa bei einigen unserer Kunden. Die Teilnahme ist freiwillig und setzt die aktive Einwilligung des Nutzers voraus“. Nach Angaben des „Spiegel“ prüfe das zuständige Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht derzeit den „Check Now“-Dienst sowie die Grundlagen der Datenverarbeitung durch die finAPI GmbH. Ein Ende dieser Prüfungen sei derzeit „noch nicht absehbar“.