home Panorama Deutsche Bischofskonferenz: Bis zu 50.000 Euro Entschädigung für Missbrauchsopfer

Deutsche Bischofskonferenz: Bis zu 50.000 Euro Entschädigung für Missbrauchsopfer

Die Opfer von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche sollen künftig auf Antrag Ausgleichszahlungen von bis zu 50.000 Euro erhalten. Dies sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, bei der Herbsttagung der Bischöfe in Fulda. Dabei handele es sich um Einmalzahlungen, die für jeden Betroffenen durch ein unabhängiges Entscheidungsgremium individuell festgelegt würden. Zusätzlich könnten Betroffene Kosten für Therapie- oder Paarberatung geltend machen, so Bätzing.

Neues Gremium soll Auszahlungen beschleunigen

Das neue Verfahren soll am 1. Januar 2021 starten. Die festgelegte Leistungshöhe orientiere sich an Urteilen staatlicher Gerichte zu Schmerzensgeldern. Bislang erhielten Opfer durchschnittlich eine Zahlung von 5.000 Euro, in Härtefällen auch mehr. Eine von der Bischofskonferenz eingesetzte unabhängige Arbeitsgruppe hatte demgegenüber zwischenzeitlich Summen von bis zu 400.000 Euro vorgeschlagen. Dem Gremium, dass zukünftig über die Leistungshöhe entscheiden soll, werden sieben Frauen und Männer aus den Fachbereichen Medizin, Recht, Psychologie und Pädagogik angehören. Sie dürfen nicht bei der Kirche angestellt und damit auch nicht von ihr abhängig sein. Sie sollen durch einen Ausschuss gewählt werden, dem mehrheitlich nichtkirchliche Vertreter angehören. Nach der Festlegung einer individuellen Summe wird es auch die Aufgabe des Gremiums sein, die Auszahlung des Geldes anzuweisen. Dadurch soll das Verfahren beschleunigt werden, was viele Betroffene in der Vergangenheit angemahnt hatten.

Opferinitiative befürchtet „tiefe Retraumatisierung“

INFO-BOX:
Deutsche Bischofskonferenz
Die erste deutsche Bischofskonferenz fand 1848 in Würzburg statt. 1867 versammelten sich die deutschen Bischöfe erstmals in Fulda, woraus die Fuldaer Bischofs-konferenz entstand. Diese benannte sich im Zuge des Zweiten Vatikanischen Konzils 1966 in Deutsche Bischofskonferenz um.
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Es war das erklärte Ziel der Bischöfe, sich bei ihrer Herbsttagung in Fulda auf konkrete Anerkennungszahlungen für die Opfer des sexuellen Missbrauchs durch Priester zu einigen. „Es geht uns um ein einheitliches System“, hatte Bätzing betont. Lösungen, die in den vergangenen Jahren bereits gefunden worden seien und zu einer Befriedung zwischen Betroffenen und Diözesen geführt hätten, sollten aber fortbestehen. Um die Interessen der Betroffenen zukünftig stärker in die Bischofskonferenz einzubringen, nimmt im November zudem der Betroffenenbeirat bei der Bischofskonferenz seine Arbeit auf. Dieser wird zwölf mehrheitlich nichtkirchlichen Personen bestehen.

Es bleibt abzuwarten, ob sich die Opfer mit den heute gefassten Beschlüssen zufrieden geben. Man habe „Angst“ vor dem, was sich Verwaltungs-, Finanz- und Rechtsfachleute der katholischen Kirche ausgedacht hätten, ohne die Betroffenen einzubeziehen, hatte der Sprecher der Opferinitiative „Eckiger Tisch“, Matthias Katsch, am Mittwoch in Fulda erklärt. Für angemessen hielte die Initiative laut Katsch Entschädigungen in sechsstelliger Höhe, zumal viele Betroffene berufsunfähig seien. Noch kritischer als die Summe seien aber die Verfahren, denen sich die Opfer unterziehen müssten, um das Geld zu erhalten. Hier sei eine „tiefe Retraumatisierung“ in unprofessionellen Settings zu befürchten.

Herbstvollversammlung wegen Corona verkürzt

Eine vor zwei Jahren von der Deutschen Bischofskonferenz vorgestellte Studie hatte ergeben, dass zwischen 1946 und 2014 mindestens 1.670 katholische Kleriker 3.677 meist männliche Minderjährige missbraucht haben sollen. Dies gilt aber nur als die Spitze des Eisbergs. Zum Abschluss ihrer Herbstvollversammlung hatten die Bischöfe auch den Reformprozess „Synodaler Weg“ mit den vier Themenschwerpunkten Stellung der Frau in der Kirche, kirchliche Sexualmoral, Umgang mit Macht in der Kirche und Zölibat auf ihrer Agenda. Auch mit den Auswirkungen der anhaltenden Corona-Pandemie auf das kirchliche Leben beschäftigten sich die Bischöfe. Eine davon betrifft die Vollversammlung selbst, die in diesem Jahr Corona-bedingt nur drei statt sonst vier Tage dauert.