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IPCC: Weltklimarat-Bericht warnt vor Kontrollverlust bei Erderwärmung

Der Weltklimarat der Vereinten Nationen (IPCC) hat eindringlich vor einem bevorstehenden Kontrollverlust bei der Erderwärmung gewarnt. Die Erde werde sich bei der derzeitigen Entwicklung schon bis zum Jahr 2030 um 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter erwärmen. Dies sind zehn Jahre früher, als noch 2018 prognostiziert. Schon jetzt habe sich so viel Treibhausgas in der Atmosphäre gesammelt, dass es zu schwerwiegenden Klima-Veränderungen mit entsprechenden Folgen kommen werde.

Wetterextreme werden deutlich häufiger

INFO-BOX:
Intergovernmental Panel
on Climate Change (IPCC)
Der Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) wurde im November 1988 vom Umwelt-programm der Vereinten Nationen (UNEP) und der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) ins Leben gerufen. Er hat seinen Sitz in Genf. Hauptaufgabe des IPCC ist es, die naturwissen-schaftlichen Grundlagen und den weltweiten Forschungsstand über die Auswirkungen der Globalen Erwärmung und seine Risiken sowie Minderungs- und Anpassungsstrategien zusammenzutragen und wissenschaftlich zu bewerten.
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„Es ist sehr wahrscheinlich, dass Episoden mit Starkniederschlägen in den meisten Regionen mit einer weiteren Klimaerwärmung intensiver und häufiger werden“, heißt es in dem Bericht. Schlimme Hitzewellen, die bisher etwa alle 50 Jahre auftraten, werde es zukünftig einmal pro Jahrzehnt geben. Zudem lassen die 234 Expertinnen und Experten aus 66 Ländern keinen Zweifel daran, dass der Mensch die Erderwärmung mit seinem Handeln selbst verschuldet hat. „Es ist eindeutig, dass der Einfluss des Menschen die Atmosphäre, den Ozean und die Landflächen erwärmt hat. Es haben weitverbreitete und schnelle Veränderungen in der Atmosphäre, dem Ozean, der Kryosphäre und der Biospähre stattgefunden“. Zudem prognostizieren die Experten einen deutlichen Anstieg des Meeresspiegels. Selbst, wenn es gelingen sollte, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen, dürfte der Meeresspiegel am Ende des Jahreshunderts rund 62 Zentimeter höher sein als 1995-2014. Maßgeblich verantwortlich dafür ist nicht mehr das Abschmelzen der Gletscher, sondern die schwindenden Eisschilde der Pole.

„In der Antarktis sind Dreiviertel des Meereisvolumens im Sommer schon abgeschmolzen“, sagte Studien-Mitautor Dirk Notz vom Max-Planck-Institut für Meteorologie. „Wir werden es vermutlich nicht mehr verhindern können, dass das Nordpolarmeer bis 2050 im Sommer zumindest in einzelnen Jahren weitgehend eisfrei sind wird“. Der Weltklimarat beleuchtete die physikalischen Grundlagen zuletzt 2013. Seitdem hätten sich Unsicherheiten in den Klimamodellen deutlich reduziert. Anders als damals stellt die Wissenschaft nun klar fest: Wenn die Treibhausgas-Emissionen nicht sehr schnell herunterfahren werden, wird das Ziel, die Erwärmung auf unter zwei Grad über vorindustriellem Nivea zu begrenzen, scheitern.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres rief daher auch die „Alarmstufe Rot“ aus. „Die Glocken tönen ohrenbetäubend. Sie müssen das Ende von Kohle und anderen fossilen Brennstoffen einläuten, bevor diese unsere Erde zerstören“. Guterres forderte, die Erkundung neuer Förderstätten und die Förderung fossiler Energiequellen einzustellen. Zudem müssten künftig erneuerbare Energien subventioniert werden. „Wenn wir unsere Kräfte vereinen, können wir die Klimakatastrophe abwenden“.

Bericht Leitlinie für Weltklimakonferenz im November

Der Bericht des IPCC fasst im Auftrag der knapp 200 UN-Staaten die wissenschaftlichen Ergebnisse der vergangenen Jahre zusammen. Im kommenden Jahr soll er durch zwei weitere Kapitel ergänzt werden. Eines davon untersucht die Folgen für die Volkswirtschaften und wie sich diese anpassen können. Ein weiteres befasst sich dann mit Optionen zur Emissionsverringerung. Alles zusammen soll dann 2022 im sechsten Sachstandsbericht des Weltklimarates veröffentlicht werden. Der heute herausgegebene Bericht gilt als Leitlinie für die Weltklimakonferenz im November in Glasgow. Hier sollen die Staaten, wie im Klimavertrag von Paris vereinbart, neue Vorgaben zur Reduzierung des Treibhausgas-Ausstoßes verbindlich festlegen. Und die Zeit drängt. IPCC-Leitautor Jochem Marotzke, ebenfalls vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg, verwies auf die träge Reaktion des Klimasystems. „Es gibt leider keine schnelle Belohnung. Selbst bei einer kurzfristig sehr guten Klimapolitik werden wir positive Effekte erst in frühestens zwanzig Jahren zu sehen bekommen“.