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Aus für Transsexuellengesetz: Betroffene können Geschlechtseintrag künftig leichter ändern

Jeder Mensch in Deutschland soll sein Geschlecht sowie seinen Vornamen künftig selbst festlegen und in einem einfachen Verfahren beim Standesamt ändern können. Das sieht das neue Selbstbestimmungsgesetz vor, das die Bundesministerien für Justiz und Familie am Donnerstag vorstellten. Es ersetzt, wie im Ampel-Koalitionsvertrag vereinbart, das bisherige Transsexuellengesetz. Dieses wurde von vielen Menschen als nicht mehr zeitgemäß und diskriminierend empfunden.

Einfache Erklärung beim Standesamt reicht aus

Wenn die Neuregelung wie geplant umgesetzt wird, ist bei der Frage des Geschlechtseintrags und der Vornamen künftig unerheblich, ob es sich um einen transgeschlechtlichen, nicht-binären oder intergeschlechtlichen Menschen handelt. Gutachten zur sexuellen Identität oder ein ärztliches Attest sind als Voraussetzung für eine Änderung nicht notwendig. Stattdessen reiche eine einfache Erklärung beim Standesamt zukünftig aus, sagte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne).

Die bisherige Regelung habe transsexuellen Menschen die Botschaft vermittelt: „Eigentlich stimmt was nicht mit euch“, so Justizminister Marco Buschmann (FDP). Das Transsexuellengesetz stamme aus dem Jahr 1980 und sei für die Betroffenen entwürdigend, ergänzte Paus. Selbstbestimmt leben zu können sei „fundamental für alle Menschen“. „Das geltende Recht behandelt die betreffenden Personen wie Kranke. Dafür gibt es keine Rechtfertigung“, betonte Buschmann. Zum Zeitplan sagten die Minister, man wolle noch in diesem Jahr das Kabinett erreichen.

Jugendliche können Erklärung selbst abgeben

INFO-BOX:
Selbstbestimmungsgesetz
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Inter-Menschen sind Menschen, deren körperliches Geschlecht nicht der medizinischen Norm von männlichen und weiblichen Körpern zugeordnet werden kann, sondern sich in einem Spektrum dazwischen bewegt. Als nicht-binär bezeichnet man Menschen, die weder eine männliche noch eine weibliche Geschlechtsidentität haben. Transmenschen fühlen sich dem Geschlecht, das ihnen bei der Geburt zugeschrieben wurde, nicht zugehörig.

Für Minderjährige bis 14 Jahren können die Sorgeberechtigten künftig die Änderungserklärung beim Standesamt abgeben. Jugendliche ab 14 Jahren können dies selbst mit Zustimmung der Eltern tun. Zu möglichen strittigen Fällen für die Gruppe der Minderjährigen ab 14 Jahre heißt es in dem von den beiden Ministerien formulierten Eckpunkte-Papier: „Um die Persönlichkeitsrechte der jungen Menschen zu wahren, kann das Familiengericht in den Fällen, in denen die Sorgeberechtigten nicht zustimmen, orientiert am Kindeswohl – wie auch in anderen Konstellationen im Familienrecht – die Entscheidung der Eltern auf Antrag des Minderjährigen ersetzen.“

Bisheriges Gesetz für Betroffene entwürdigend

Bisher ist vorgeschrieben, dass Betroffene für eine Änderung des Geschlechts- oder Vornamenseintrags zwei psychologische Gutachten einreichen müssen. Am Ende entscheidet dann das zuständige Amtsgericht. Das Verfahren ist langwierig und teuer und wird von Betroffenen als entwürdigend kritisiert. So müssen unter anderem sehr intime Fragen, beispielsweise nach dem Masturbationsverhalten, beantwortet werden. Paus und Buschmann wiesen ausdrücklich darauf hin, dass ihr geplantes Gesetz keine Festlegung zu der Frage etwaiger körperlicher geschlechtsangleichender Maßnahmen enthalten werde. Solche Maßnahmen müsse man weiterhin auf Grundlage fachmedizinischer Regelungen entscheiden.