home Politik, Wirtschaft Boeing-Subventionen: EU darf Strafzölle in Milliardenhöhe gegen USA verhängen

Boeing-Subventionen: EU darf Strafzölle in Milliardenhöhe gegen USA verhängen

Im jahrelangen Streit zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union (EU) über Subventionen für den amerikanischen Flugzeugbauer Boeing ist eine Entscheidung gefallen. Die Welthandelsorganisation (WTO) teilte am Dienstag in Genf mit, dass die EU Strafzölle in einem Volumen von vier Milliarden Dollar (etwa 3,4 Milliarden Euro) gegen die USA verhängen darf. Die Schlichter blieben damit deutlich unter den ursprünglichen EU-Forderungen, die sich zunächst auf zwölf Milliarden Dollar belaufen hatten. Im Verlaufe des Schlichtungsverfahrens hatte man diese dann auf 8,6 Milliarden Dollar reduziert.

Verfahren läuft seit mehr als 15 Jahren

Die Europäische Union argumentierte, der europäische Flugzeughersteller Airbus sei durch US-Staatshilfen für den Konkurrenten Boeing jahrelang benachteiligt worden. Bei den Subventionen ging es unter anderem um Forschungsgelder der Weltraumbehörde NASA sowie um Steuervergünstigungen. Staatlich gefördert wurde so etwa auch der einstige Verkaufsschlager der Amerikaner, das Langstreckenflugzeug Boeing 787 (Dreamliner). Schon im März vergangenen Jahres hatten die Schlichter abschließend festgestellt, dass die Vereinigten Staaten die über Jahre beanstandeten staatlichen Hilfen nicht eingestellt hatten. Seither waren sie damit beschäftigt, die Höhe der erlaubten Strafzölle zu ermitteln. Bereits vor mehr als 15 Jahren hatten sich die EU und die Vereinigten Staaten gegenseitig bei der WTO wegen Beihilfen für Airbus und Boeing verklagt. Im Fall der Klage der USA gegen Airbus kam die Welthandelsorganisation dann etwas schneller zu einem Urteil.

US-Strafzölle gegen EU bereits seit Oktober 2019 in Kraft

INFO-BOX:
Welthandelsorganisation (WTO)
Die WTO wurde am 1. Januar 1995 gegründet und hat ihren Sitz in Genf. Ziel der WTO ist der Abbau von Handelshemmnissen und damit die Etablierung eines internationalen Freihandels. Zudem ist sie zuständig für die Streitschlichtung bei Handelskonflikten.
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Bereits im Mai 2018 stellten die Schlichter fest, dass Brüssel die beanstandeten Subventionen nicht gestoppt hatte. Daher genehmigten sie den USA im Oktober 2019, Strafzölle mit einem Volumen von 7,5 Milliarden Dollar zu verhängen. Dies war die höchste Summe, die die WTO seit ihrer Gründung 1995 verhängt hatte. Die Vereinigten Staaten setzen das Urteil umgehend um. Sie verteuerten die Einfuhr von Käse, Butter, Wein und vielen anderen Produkten aus Europa, ebenso die Komponenten für die Luftfahrtindustrie. Die Strafzölle bewegen sich dabei in einem Rahmen zwischen 15 und 25 Prozent. Betroffen sind vor allem Länder, die Airbus-Subventionen zahlten: Deutschland, Frankreich, Spanien und Großbritannien.

Die Siegerpartei darf in einem Handelsstreit so lange Strafzölle erheben, bis die unterlegene Partei die beanstandeten Subventionen beseitigt hat. Mit der heutigen Entscheidung kann sich die EU nun ebenfalls mit Strafzöllen gegen US-Produkte revanchieren. Zuvor hatte sie der WTO bereits eine Vorschlagsliste mit betroffenen Produkten übermittelt. Demnach könnten etwa Ketchup, Spielekonsolen oder Autoteile mit Abgaben belegt werden. Die Strafzölle könnten ab dem 27. Oktober in Kraft treten und damit eine Woche vor den US-Präsidentschaftswahlen am 3. November.

Airbus und Boeing leiden besonders unter Corona-Krise

Einige Beobachter erwarten allerdings, dass die EU eher auf Verhandlungen mit den USA setzt. Als Flugzeugbauer sind Airbus und Boeing besonders stark von der aktuellen Corona-Pandemie betroffen. Ein langwieriger Konflikt mit hohen Strafzöllen wäre damit für beide Seiten schädlich. Zudem beteuert die EU bereits seit Monaten, dass alle Airbus-Hilfen eingestellt seien und die USA die Strafzölle stoppen müssten. Sie hat dazu auch eine neue Beurteilung durch die Schlichter gefordert, der Antrag kommt jedoch derzeit bei der krisengeschüttelten WTO nicht voran. Auch die USA haben inzwischen mitgeteilt, dass die beanstandeten Boeing-Hilfen gar nicht mehr existierten. Die EU hat den Vereinigten Staaten zuletzt im Juli angeboten, über die Beilegung der Streitereien und ein Ende aller Strafzölle zu verhandeln. Washington war darauf jedoch zunächst nicht eingegangen.