home Politik, Wirtschaft Ökostrom-Ausbau: Große Koalition legt Streit über Mindestabstand von Windrädern bei

Ökostrom-Ausbau: Große Koalition legt Streit über Mindestabstand von Windrädern bei

Nach langen und zähen Verhandlungen hat sich die Große Koalition auf konkrete Schritte für einen schnelleren Ökostrom-Ausbau geeinigt. Zu dem Maßnahmenpaket gehören auch Regelungen für einen Mindestabstand von Windrädern an Land zur Wohnbebauung, wie die Fraktionsvizechefs Carsten Linnemann (CDU) und Matthias Miersch (SPD) gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa) erklärten. Außerdem soll der Förderdeckel für Solaranlagen unverzüglich aufgehoben werden. Zudem will die Regierung Planungs- und Genehmigungsprozesse beschleunigen.

Förderdeckel für Solaranlagen wird aufgehoben

INFO-BOX:
Baugesetzbuch
Das deutsche Baugesetzbuch (BauGB) ist der Nachfolger des Bundesbaugesetzes (BbauG) von 1960 und trat am 1. Juli 1987 in Kraft. Es ist das wichtigste Gesetz des Bauplanungsrechts in Deutschland und definiert die bedeutendsten stadtplanerischen Instrumente, die Städten und Gemeinden zur Verfügung stehen. Damit haben seine Bestimmungen großen Einfluss auf Gestalt, Struktur und Entwicklung des besiedelten Raumes sowie die „Bewohnbarkeit“ von Städten und Dörfern.
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Im Baugesetzbuch soll eine Länderöffnungsklausel eingeführt werden, die es Ländern ermöglicht, einen Mindestabstand von bis zu 1.000 Metern zwischen Windrädern und Wohngebäuden in die Landesgesetzgebung aufzunehmen. In vielen Bundesländern gibt es bereits entsprechende Regeln und Empfehlungen. Die bestehende schärfere bayerische Regelegung soll davon unberührt bleiben. „Wir freuen uns, dass wir heute eine Einigung bei zentralen energie- und wirtschaftspolitischen Fragen erzielt haben“, sagten Linnemann und Miersch. „Wir sind davon überzeugt, dass unsere Einigung einen wichtigen Impuls für die Arbeit der Großen Koalition und die Umsetzung der energie- und wirtschaftspolitischen Ziele bietet.“ Ursprünglich hatte sich die Regierung aus CDU und SPD im September vergangenen Jahres darauf geeinigt, die 1.000-Meter-Abstandsregel auf Bundesebene festzuschreiben. Dies scheiterte jedoch am Widerstand der Länder, die sich zuletzt mit Ausnahme von Sachsen dafür aussprachen, eigene Regelungen festlegen zu wollen.

Mit der Aufhebung des Förderdeckels für neue Solaranlagen kommt die Bundesregierung einer Zusage aus dem Klimaschutzprogramm nach. 2012 hatte man die Förderung bei einer installierten Solarkapazität von 52 Gigawatt gedeckelt. Dieser Wert ist nach Branchenangaben bald erreicht. Die Förderkosten zahlen die Verbraucher über den Strompreis, der zuletzt nur eine Richtung kannte: nach oben. Außerdem will die Koalition nach den Worten von Linnemann und Miersch einen Koordinierungsmechanismus von Bund und Ländern anstreben. Damit solle kontinuierlich der Umsetzungsstand des Ausbaus erneuerbarer Energien überprüft werden. Zudem soll der Ökostrom-Anteil am Stromverbrauch von heute 40 auf 65 Prozent im Jahr 2030 steigen. Bundesumweltministerin Svenja Schulze begrüßte die heutige Einigung, der ein monatelanges Ringen vorausgegangen war. „Ich bin sehr erleichtert, dass es eine Einigung zwischen den Koalitionsfraktionen gegeben hat, wie wir nun bei Windenergie an Land und Photovoltaik richtig durchstarten können“, sagte sie gegenüber dem „Spiegel.“

Bundesweiter Mindestabstand hätte Repowering gefährdet

Um die Akzeptanz von Windrädern zu erhöhen hatte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) einen Mindestabstand von 1.000 Metern zur nächsten Wohnbebauung sowie Geld für die Kommunen und günstigen Strom für die Anwohner vorgeschlagen. Besonders die Abstandsregelung stieß jedoch beim Koalitionspartner sowie bei Umweltschützern auf breite Kritik. Denn damit wäre nicht nur der Platz für den Bau neuer Windkraftanlagen knapp geworden, auch ein Teil der rund 30.000 in Deutschland aufgestellten Windräder wäre bedroht gewesen. Der Entwurf gilt in seiner aktuellen Fassung nämlich auch für das sogenannte Repowering. Dies bezeichnet den Ersatz alter Windkraftanlagen durch neuere und leistungsfähigere Exemplare. Die neuen Anlagen hätten dann bei einem bundesweit festgeschriebenen Mindestabstand von 1.000 Metern möglicherweise einen neuen Standort benötigt. Dieses Problem ist mit der heutigen Einigung vom Tisch.