home Wirtschaft Galeria Karstadt Kaufhof: Bis zu 80 Kaufhäuser stehen vor dem Aus

Galeria Karstadt Kaufhof: Bis zu 80 Kaufhäuser stehen vor dem Aus

Die in einem Schutzschirmverfahren steckende Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof steht vor einem Kahlschlag. Nach Angaben von Insidern sieht ein Sanierungsplan vor, 80 der insgesamt 175 Filialen des Konzerns zu schließen. Darüber hinaus ist angedacht, in den verbleibenden Häusern bis zu zehn Prozent der Arbeitsplätze abzubauen. Zwar könne sich die Zahl der Schließungen noch reduzieren, wenn Vermieter und weitere Beteiligte zu weitreichenden Zugeständnissen bereit seien. Trotzdem rechnen Branchenexperten mit einem Abbau von bis zu 5.000 Vollzeitstellen.

Verdi: „Das ist brutal!“

„Die im Entwurf des Sanierungsplans vorgesehenen Maßnahmen sind an Grausamkeiten kaum zu überbieten und ein Generalangriff auf alle Beschäftigten“, hieß es in einer Pressemitteilung des Gesamtbetriebsrats. Diesem war das Sanierungskonzept heute vorgelegt worden. Aus Sicht der Arbeitsnehmervertreter seien die vorgestellten Maßnahmen „ein unverantwortlicher Kahlschlag, der unnötig Arbeitsplätze vernichtet“. Darüber hinaus sollten bei den verbleibenden Arbeitsplätzen die Arbeitsbedingungen sowie die Entlohnung zum Nachteil der Beschäftigten verändert werden. Umgehende Kritik kam auch von den Gewerkschaften. „Das ist brutal! Es hat den Anschein, dass die Unternehmensleitung und der Eigentümer die Coronakrise missbrauchen, um ihre ursprünglichen Planungen von Standortschließungen und Entlassungen doch noch umzusetzen“, sagte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. Die Politik dürfe dies nicht zulassen. Auch die Gewerkschaft selbst kündigte eine harte Auseinandersetzung an.

Bis zu einer Milliarde Euro Verlust durch Corona

INFO-BOX:
Signa Holding
Die Signa Holding wurde 2000 von René Benko gegründet und ging aus dem Unternehmen „Immofina“ hervor. Seit 2013 hat die Signa zwei eigenständige Kerngeschäftsbereiche: Signa Real Estate (Immobilien) und Signa Retail (Handel). Im gleichen Jahr zog sich Benko aus der operativen Unternehmens-führung zurück.
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Die Geschäftsleitung hatte die Mitarbeiter bereits auf die Schließung und den Abbau von Stellen eingestimmt. In einem Brief an die Beschäftigten hatte es geheißen, dass die „vor uns liegende Sanierung weit entschlossener ausfallen muss, als wir alle uns das wünschen würden“. Galeria Karstadt Kaufhof habe „während der Zeit der Komplettschließung mehr als eine halbe Milliarde Euro verloren“. Die Umsätze der letzten acht Wochen, darunter das wichtige Ostergeschäft, fehlten, der Rückstand sei nicht aufzuholen. „Insgesamt dürfte sich der Umsatzverlust auf bis zu eine Milliarde Euro erhöhen“, hieß es in dem Schreiben weiter.

Die Gewerkschaft Verdi hatte bereits im Vorfeld scharfe Kritik an den Plänen für Filialschließungen und den Abbau von Arbeitsplätzen geäußert. „Es ist ein Armutszeugnis, wenn den Herren wieder nichts anderes einfällt, als die Axt an die Personalkosten zu legen und mit Häuserschließungen zu drohen“, heißt es in einem Schreiben an die Mitarbeiter von Galeria Karstadt Kaufhof. Gemeinsam mit dem Gesamtbetriebsrat fordere man von der Geschäftsführung eine Strategie, die die Existenzgrundlage des Unternehmens langfristig sichere und alle Arbeitsplätze erhalte. Auch der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart forderte, dass bei dem geplanten Abbau von Stellen „sozialverträgliche Lösungen gefunden werden“ müssen.

Schutzschirmverfahren Vorstufe der Insolvenz

Galeria Karstadt Kaufhof kämpft seit Beginn der Corona-Pandemie ums Überleben. Anfang April hatte das Unternehmen ein Schutzschirmverfahren in Eigenverwaltung beantragt. Dies gilt als Vorstufe der Insolvenz und mündet oft in ein reguläres Insolvenzverfahren. Seitdem bestimmen der Restrukturier Arndt Geiwitz und der vorläufige Insolvenzverwalter Frank Kebekus die Richtung des Unternehmens und verhandeln mit Lieferanten, Vermietern und dem Gesamtbetriebsrat über Einsparmöglichkeiten. 2019 hatte die Signa Holding des österreichischen Investors René Benko Galeria Kaufhof übernommen und mit Karstadt verschmolzen. Benko soll den Konzern mit 140 Millionen Euro über Wasser gehalten haben. Zudem habe man in der Corona-Krise die Zahlungen an die Vermieter ausgesetzt und ein Paket mit eigenen Immobilien der Warenhaus-Kette an Fonds des Finanzinvestors Apollo EPF verkauft.

Bis Klarheit darüber herrscht, welche Häuser geschlossen und wie viele Menschen ihren Job verlieren, dürfte noch einige Zeit ins Land gehen. Bis dahin, so die Geschäftsleitung, sollten die Mitarbeiter am besten wie bisher alles dafür geben, „unsere Kunden von uns zu überzeugen“.