Die christdemokratische Malteserin Roberta Metsola ist neue Präsidentin des EU-Parlaments. Die Europaabgeordneten in Straßburg wählten die 43-Jährige am Dienstag im ersten Wahlgang mit der absoluten Mehrheit von 458 der 616 abgegebenen gültigen Stimmen an ihre Spitze. Metsola ist erst die dritte Frau in dem prestigeträchtigen Amt und die jüngste Person überhaupt in der Geschichte des Parlaments.
Metsola strenge Abtreibungsgegnerin
Präsidenten des EU-Parlaments seit 1966 |
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1966-1969: Alain Poher 1969-1971: Mario Scelba 1971-1973: W. Behrendt 1973-1975: C. Berkhouwer 1975-1977: G. Spénale 1977-1979: Emilio Colombo 1979-1982: Simone Veil 1982-1984: Piet Dankert 1984-1987: Pierre Pflimlin 1987-1989: Lord Plumb 1989-1992: E. B. Crespo 1992-1994: Egon Klepsch 1994-1997: Klaus Hänsch 1997-1999: J. M. Gil-Robles 1999-2002: Nicole Fontaine 2002-2004: Pat Cox 2004-2009: J. Bor. Fontelles 2007-2009: H.-G. Pöttering 2009-2012: Jerzy Buzek 2012-2014: Martin Schulz 2014: Gianni Pittella 2014-2017: Martin Schulz 2017-2019: Antonio Tajani 2019-2022: David Sassoli seit 2022: Roberta Metsola |
Gänzlich unumstritten ist die neue Präsidentin des Europaparlaments nicht. Das gilt vor allem mit Blick auf Metsolas Position zu einem liberalen Abtreibungsrecht. Die Katholikin ist strenge Abtreibungsgegnerin, in ihrem Heimatland Malta sind Schwangerschaftsabbrüche nach wie vor vollständig verboten. Viele Frauenrechtlerinnen sehen in ihr daher eine Fehlbesetzung. Metsola selbst bezeichnet sich allerdings als fortschrittliche Befürworterin von Frauenrechten. Die am 18. Januar 1979 in San Ġiljan geborene Metsola ist verheiratet und hat vier Söhne. Sie studierte Europäisches Recht und sitzt seit 2013 im EU-Parlament. Seit November 2020 war sie dessen erste Vizepräsidentin.
Einen Namen machte sie sich auch als Verfechterin des Rechtsstaats und als Kämpferin gegen Korruption. Sie fühle sich durch die ihr übertragene Verantwortung „demütig geehrt“. Sie wolle stets für eine „Politik der Hoffnung“ eintreten, für eine sichere, faire und gleiche Europäische Union. Dabei müsse man gegen ein anti-europäisches Narrativ kämpfen. Die Union werde von innen und außen herausgefordert. Zudem müsse man die „Blasen“ in Straßburg und Brüssel durchbrechen, um Europa den Bürgern näherzubringen, sagte Metsola in ihrer erste Rede nach der Wahl.
Martin Schulz letzter deutscher EU-Parlamentspräsident
Vor der Wahl hatte Metsola ihre Herkunft betont. Sie sei „eine Frau von einer kleinen Insel im Mittelmeer“. Sie wisse deshalb, was es bedeute, Außenseiterin zu sein und ständig beiseitegeschoben zu werden. Tatsächlich ist es bisher nicht vorgekommen, dass jemand aus einem der kleinsten EU-Staaten an die Spitze des Europaparlaments gewählt wurde. Viele sehen darin ein wichtiges Signal an die großen Mitgliedsländer.
Dass die Europäische Volkspartei, zu der auch CDU und CSU gehören, nun die Parlamentspräsidentin stellt, war zudem Bestandteil eines komplexen Personalpakets nach der Europawahl 2019. Demnach war zunächst ein Sozialdemokrat (Sassoli) an der Reihe, nach zweieinhalb Jahren sollte ein Christdemokrat folgen. Der Präsident des Europaparlaments leitet alle Tätigkeiten des Plenums, wahrt während der Sitzung die Ordnung, erteilt Rednern das Wort und unterzeichnet Gesetze. Letzter deutscher Amtsinhaber war der Sozialdemokrat und spätere Kanzlerkandidat Martin Schulz, der dem EU-Parlament von 2012 bis 2017 vorstand.