home Politik Streit um Handelsbeziehungen: Großbritannien droht EU mit Abbruch der Verhandlungen

Streit um Handelsbeziehungen: Großbritannien droht EU mit Abbruch der Verhandlungen

Die britische Regierung hat mit einem Abbruch der Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zur Europäischen Union (EU) gedroht, sollte sich bis Ende Juni kein Abkommen abzeichnen. Dies geht aus dem britischen Verhandlungsmandat hervor, das am Donnerstag veröffentlicht wurde. Beginnen sollen die Verhandlungen am kommenden Montag in Brüssel. Sollten sie scheitern, will sich London ganz auf einen No-Deal-Brexit nach dem Auslaufen der Übergangsphase Ende des Jahres vorbereiten.

Fischereiabkommen gilt als großer Streitpunkt

London und Brüssel haben somit nur bis Ende Dezember Zeit, um sich auf ein Freihandelsabkommen und die Kooperation in weiteren Bereichen zu einigen, bevor die Übergangsphase nach dem Brexit ausläuft. Kommt es zu keiner Übereinkunft, drohen vor allem der Wirtschaft schwerwiegende Konsequenzen. Großbritannien war am 31. Januar aus der Europäischen Union ausgeschieden, unterliegt aber noch bis Jahresende den EU-Regeln. In dem Dokument nimmt London wie erwartet eine harte Position ein. So werde man weder den Europäischen Gerichtshof als Schiedsinstanz anerkennen, noch werde man sich an die Abstimmungsmaßnahmen halten, welche Brüssel in seinem Verhandlungsmandat festgelegt hat. Auch eine Forderung nach Anpassung britischer Gesetze an EU-Regeln werde man nicht akzeptieren. „Alles, was wir wollen, ist die gegenseitige Anerkennung unserer hohen Standards und den gegenseitigen Zugang zu unseren Märkten“, sagte Premier Boris Johnson heute kurz vor der Veröffentlichung des Papiers vor Journalisten.

INFO-BOX:
Verhandlungsrichtlinien der Europäischen Union
Die Richtlinien der Europäischen Union zur Aufnahme von Verhandlungen für eine neue Partnerschaft mit Großbritannien nach dem Ablauf der Übergangsfrist am 31. Dezember 2020 können Sie mit einem Klick auf „mehr dazu“ einsehen und herunterladen.
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Stattdessen wollen die Briten nach Angaben des „Guardian“ folgende Punkte erreichen: Einen freien Markt ohne Zölle, Steuern und Gebühren und ohne Mengenbeschränkungen für alle Güter des produzierenden Gewerbes und aus landwirtschaftlicher Produktion. Im Streitschlichtungsmechanismus, den jedes Handelsabkommen weltweit enthält, soll nicht über Subventionen und Wettbewerbsregeln entschieden werden dürfen. Außerdem strebt Großbritannien ein separates Fischereiabkommen über Zugänge zu Fanggebieten und Fangmengen außerhalb der Gesamtvereinbarung an. Vor allem der letzte Punkt gilt als sehr umstritten. Brüssel will möglichst die derzeitigen Vereinbarungen beibehalten, die EU-Booten den Zugang zu besonders reichen britischen Fischereigewässern gestatten. London lehnt dies jedoch ab und will stattdessen jährlich festsetzen, welchen Zugang es zu seinen Gewässern erlaubt. Diese Regelung will Großbritannien nicht mit dem Zugang zum europäischen Markt verknüpfen. An diesen exportieren die Briten den größten Teil ihres Fischs.

Gove: Keine Grenze in der Irischen See

Bereits am Dienstag, als die EU-Pläne ihre Pläne vorstellte, hatte die britische Regierung diese als „nicht auf Augenhöhe“ zurückgewiesen. EU-Chefunterhändler Michel Barnier warnte anschließend, man werde den Vertrag „nicht um jeden Preis schließen“. Sorgenfalten dürften EU-Politikern auch Aussagen von Staatsminister Michael Gove auf die Stirn treiben. Dieser betonte bei der Vorstellung des britischen Verhandlungsmandats mehrfach, dass es keine Grenze in der Irischen See geben werde. Damit befeuerte er Spekulationen, London könnte seine Zugeständnisse aus dem Brexit-Abkommen rückgängig machen, wonach zwischen Nordirland und dem Rest Großbritanniens künftig Warenkontrollen stattfinden sollen, um die Grenze zu Irland offenzuhalten.

Das 46 Seiten starke EU-Verhandlungsmandat betont demgegenüber die Bedeutung eines fairen Wettbewerbs, dessen Regeln von belastbaren Zusagen getragen werden müssen. Das angestrebte Abkommen solle daher gemeinsame hohe Standards enthalten. Für staatliche Beihilfen, Wettbewerb, staatliche Unternehmen, Arbeits- und Sozialnormen, Umweltstandards, Klimawandel, Steuerfragen und andere Eingriffe auf diesen Gebieten soll es auch künftig hohe Vorgaben mit geltenden EU-Standards als Referenz geben.