China zieht die Daumenschrauben gegenüber seiner Tech-Industrie weiter an. Die Regierung in Peking wolle die hochprofitable Zahlungs-App Alipay des Fintech-Konzerns Ant-Group zerschlagen und eine getrennte Plattform für das Kreditgeschäft des Unternehmens schaffen, berichtet die „Financial Times“. Der Plan der Behörden sehe zudem vor, dass die Ant-Group (der Finanzarm des Online-Riesen Alibaba) die ihren Kreditentscheidungen zugrunde liegenden Nutzerdaten an ein neues Joint Venture zur Kreditwürdigkeitsprüfung übergeben muss.
1. Behörden vereitelten 2020 Alipay-Börsengang
2. China kämpft mit wachsender Ungleichheit
Behörden vereitelten 2020 Alipay-Börsengang
Alipay |
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Alipay wurde 2004 in Hangzhou von der Alibaba Group und deren Gründer Jack Ma ins Leben gerufen. Heute hat das Unternehmen seinen Sitz in Shanghai. Alipay ist mit mehr als 520 Millionen Nutzern weltweit die größte Payment- und Lifestyle-Plattform und hat mehr als 50 Prozent Marktanteil im Online-Geschäft in China. Pro Tag verzeichnet der Bezahldienst mehr als 100 Millionen Transaktionen. In Deutschland wird Alipay unter anderem bei dm, Rossmann, Kaufhof oder Breuninger akzeptiert. |
Der Schritt reiht sich ein in eine ganze Serie von Maßnahmen, durch die Chinas Behörden ihre Aufsicht über viele Branchen verschärfen – von der Technologie bis zur Bildung. Damit soll nach Jahren rasanten Wachstums die Kontrolle der Kommunistischen Partei über Wirtschaft und Gesellschaft gestärkt werden. Die Konzerne sehen sich in der Folge immer neuen Regeln, Strafzahlungen und auch Einschüchterungen ausgesetzt. Chinas Machthaber Xi Jinping wolle die Marktordnung korrigieren, den fairen Wettbewerb fördern sowie Verbraucherrechte und das sozialistische Marktwirtschaftssystem schützen, hieß es dazu jüngst in der staatlichen „Volkszeitung“.
Bereits im vergangenen Jahr war die Ant-Group ins Visier der Regulierer geraten. So vereitelten sie im November den geplanten Börsengang des Unternehmens und belasteten damit auch den Mutterkonzern Alibaba. Kurz zuvor hatte Alibaba-Gründer Jack Ma öffentlich die Finanzregulierungsbehörden als „Altherrenklub“ kritisiert. Nur zwei Tage vor dem geplanten Debüt an den Börsen von Shanghai und Hongkong bemängelte die Finanzaufsicht daraufhin bei Ma, dass wegen der veränderten Regularien die Offenlegungspflichten wohl nicht erfüllt würden. Kurz vor der Ziellinie platzte daraufhin der mit einem Volumen von mehr als 37 Milliarden Dollar weltgrößte Börsengang von Chinas Branchenführer beim mobilen Zahlungsverkehr. Kurz danach tauchte Ma wochenlang in der Öffentlichkeit nicht mehr auf. Bei einem fest eingeplanten Auftritt als Juror in einer Talentshow fehlte er. Und auch eine Reaktion von ihm auf den geplatzten Börsengang gibt es bis heute nicht.
China kämpft mit wachsender Ungleichheit
Generell zeichnen sich in China gesellschaftlich erhebliche Umwälzungen ab. So schränkten die Behörden zuletzt den „Starkult“ ein, geißelten „unpatriotische“ Kultur und „verweichlichte Männerbilder“. Dazu verbot man Minderjährigen weitgehend das Videospielen, auch Talentshows soll es zukünftig nicht mehr geben. Dafür wird die marxistische und auf den Präsidenten zugeschnittene Propaganda ausgebaut. Sie findet künftig schon in den Volksschulen statt. Im Zuge dessen wurde zuletzt auch privater Nachhilfeunterricht verboten. Und am Montag kündigte die Regierung zudem an, dass es „zu viele“ E-Auto-Hersteller gebe und man auch hier eine Konsolidierung anstrebe. Die Neujustierung von Staat und Gesellschaft läuft unter dem Schlagwort „allgemeiner Wohlstand“, das auf Mao Zedong zurückgeht. Gemeint ist dabei eine aggressive Umverteilung, denn China muss sich angesichts des rasant gewachsenen Wohlstands zunehmend mit gravierender Ungleichheit auseinandersetzen. Dazu kommen Probleme wie die demografische Entwicklung, da das Land nach wie vor mit den Folgen der Einkindpolitik zu kämpfen hat.