home Gesundheit, Wirtschaft Nach Wirksamkeits-Desaster: CureVac verkleinert Produktionsnetz für Corona-Impfstoff

Nach Wirksamkeits-Desaster: CureVac verkleinert Produktionsnetz für Corona-Impfstoff

Das Biopharma-Unternehmen CureVac aus Tübingen hat erste Konsequenzen aus den enttäuschenden Studienergebnissen zu seinem COVID-19-Impfstoff gezogen. Wie CureVac am Dienstag bekanntgab, habe man die Verträge über Produktionspartnerschaften mit Wacker Chemie und Celonic gekündigt. Die Vereinbarungen mit Novartis und Biopharma blieben hingegen bestehen. Ob der Impfstoff eine Zulassung erhält, ist derzeit noch völlig offen. Derzeit wird das Vakzin von der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA geprüft.

CureVac geht weiter von EMA-Zulassung aus

INFO-BOX:
CureVac
CureVac wurde im Jahr 2000 an der Universität Tübingen aus den Arbeitskreisen von Hans-Georg Rammensee und Günther Jung gegründet. Das Unternehmen hat sich auf die Erforschung und die Entwicklung von Arznei-mitteln auf der Grundlage des Botenmoleküls messenger RNA (mRNA) spezialisiert. 2003 zog das Unternehmen mit 18 Mitarbeitern ins Biotechnologiezentrum Tübingen um. Heute hat CureVac rund 500 Mitarbeiter und weist einen jährlichen Umsatz von mehr als 17 Milliarden Euro aus.
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Ende Juni hatte CureVac bekanntgegeben, dass die Wirksamkeit seines Impfstoffkandidaten CVnCoV deutlich niedriger liege als bei anderen Vakzinen. Das Präparat hatte in einer finalen Analyse nur eine Wirksamkeit von 48 Prozent gegen eine COVID-19-Erkrankung über alle Altersgruppen hinweg gezeigt. Dennoch geht das Tübinger Biotechunternehmen weiter davon aus, dass die EMA den Impfstoff trotz geringer Wirksamkeit zulassen wird. Die Bundesregierung hatte das CureVac-Präparat ursprünglich für die Impfkampagne eingeplant. An CureVac ist der Bund indirekt über die Staatsbank KfW zu 16 Prozent beteiligt. Auf diese Weise wollte die Politik das Unternehmen gegen eine mögliche Übernahme aus dem Ausland absichern. Den größten Teil an CureVac hält allerdings der Investor und Mitbegründer von SAP, Dietmar Hopp. CVnCoV ist wie die Vakzine von BioNTech und Moderna ein mRNA-Impfstoff.

Wacker Chemie teilte indes mit, CureVac habe die Kündigung mit einem geringeren Bedarf an Produktionskapazitäten für seinen Impfstoff begründet. Man rechne jedoch nicht mit wesentlichen Einflüssen auf den Umsatz und das Gesamtergebnis für das Jahr 2021. „Das ändert ebenfalls nicht an den mittelfristigen Zielen für den Geschäftsbereich Biosolutions“, sagte Geschäftsbereichsleiterin Susanne Leonhartsberger. „Wir sind zuversichtlich, dass wir die frei werdenden Kapazitäten in Zukunft für andere Kunden zur Produktion ihrer mRNA- oder anderer Moleküle zur Verfügung stellen können“.

CureVac und Wacker Chemie hatten ihre Vereinbarung im November vergangenen Jahres bekannt gegeben. Diese sah vor, dass Wacker Chemie im ersten Halbjahr 2021 am Standort Amsterdam mit der Produktion der mRNA-Wirkstoffsubstanz für CVnCoV beginnen sollte, sobald dieser zugelassen ist. Vorgesehen waren den damaligen Angaben zufolge mehr als 100 Millionen Dosen des Impfstoffs pro Jahr, eine Erweiterung möglich. „Der kontinuierliche Ausbau von mRNA-Herstellungskapazitäten in Kombination mit dem Fortschritt der groß angelegten Impfkampagne“ habe allerdings die Nachfrage nach CVnCoV „in den letzten Monaten stark verändert“, so Malte Greune, Chief Operation Officer von CureVac.

BioNTech weiter auf Höhenflug

Den Angaben zufolge bedingt die Kapazitätsanpassung aber keine Einschränkung der Verfügbarkeit von klinischem Material für CV2Cov, den gemeinsam mit GlaxoSmithKline entwickelten Impfstoffkandidaten der zweiten Generation. Die Aktie von CureVac reagierte am Dienstag dennoch mit einem leichten Abschlag auf die neuesten Nachrichten. Zuletzt hatte sich der Kurs im Juni quasi halbiert, als die schlechten Wirksamkeitsdaten bekannt wurden. Deutlich besser sieht es hingegen für den Mainzer Impfstoffproduzenten BioNTech aus. Das Unternehmen kann sich auch in den kommenden Wochen und Monaten auf eine hohe Nachfrage nach seinem Vakzin einstellen, da eine dritte Booster-Impfung einen noch besseren Schutz gegen das Virus und seine Varianten verspricht. Zudem hat BioNTech jetzt nach den 12-15-jährigen auch einen Antrag auf Zulassung seines Impfstoffs für Kinder zwischen fünf und elf Jahren angekündigt.