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El Salvador: Bitcoin ab sofort offizielles Zahlungsmittel

Die Kryptowährung Bitcoin ist seit Dienstag offizielles Zahlungsmittel in El Salvador. Mit Inkrafttreten eines entsprechenden Gesetzes ging der mittelamerikanische Staat als erstes Land der Welt diesen Schritt. Das Gesetz sieht vor, dass jeder Händler Bitcoin als Zahlungsmittel akzeptieren muss, wenn er technisch dazu in der Lage ist. Auch Steuern können ab sofort in der Digitalwährung bezahlt werden.

US-Dollar bisher einzige offizielle Währung

INFO-BOX:
El Salvador
El Salvador ist das kleinste Land in der Region Zentralamerika. Es ist etwa so groß wie Hessen und hat etwa 6,5 Millionen Einwohner. Es grenzt an Guatemala und Honduras. El Salvador ist seit 1838 unabhängig. Zuvor war es eine spanische Kolonie und gehörte bis zu deren Auseinanderbrechen der Zentralamerikanischen Konföderation an. Präsident Nayib Bukele ist seit Juni 2019 im Amt. Zuvor war er Bürgermeister von San Salvador, der größten Stadt des Landes (rund 530.000 Einwohner).
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Staatspräsident Nayib Bukele verkündete auf Twitter, das Land habe jetzt insgesamt 400 Bitcoins gekauft. Aktuell haben diese einen Wert von etwa 20 Millionen Euro. Auf den Tausch von Bitcoin will die Regierung in dem Land mit rund sechs Millionen Einwohnern keine Kapitalertragssteuer erheben. Den Wechselkurs zum US-Dollar, der in El Salvador anstelle einer einheimischen Währung bislang einziges offizielles Zahlungsmittel war, soll der Markt frei entscheiden. Wer die digitale Geldbörse Chivo herunterlädt, erhält nach Angaben von Präsident Bukele zudem ein Bitcoin-Startguthaben im Wert von 30 US-Dollar. Ebenso will man 200 Chivo-Geldautomaten einrichten. „Wie alle Innovationen hat auch das Bitcoin-Verfahren in El Salvador eine Lernkurve. Jeder Weg in die Zukunft ist so, und nicht alles wird an einem Tag oder in einem Monat erreicht“, schrieb Bukele.

Der US-Dollar wird seit 20 Jahren in El Salvador als offizielles Zahlungsmittel genutzt. Dadurch ist das Land von der Geldpolitik der US-Notenbank abhängig. Für das Wirtschaftswachstum der Nation sei es nötig, eine digitale Währung zuzulassen, deren Wert allein von marktwirtschaftlichen Kriterien abhänge, heißt es im Gesetzestext. Auch sind viele Einwohner des Landes auf Überweisungen ihrer Verwandten aus den USA angewiesen. Allein im vergangenen Jahr flossen knapp sechs Milliarden US-Dollar in das Land, was beinahe einem Viertel des Bruttoinlandsprodukts (BIP) entspricht. Mit dem Bitcoin, so die Hoffnung Bukeles, könne man 400 Millionen Dollar jährlich an Überweisungsgebühren sparen.

Die Kritik, dass die Währung hohen Schwankungen unterliegt und ein Einbruch des Bitcoin einen großen Teil des überwiesenen Geldes vernichten könnte, lässt den Präsidenten offenbar kalt. Im Gegenteil: Er sieht in der Kryptowährung „enorme Vorteile“ für die Bevölkerung. Der Bitcoin wird nicht von einer Zentralbank kontrolliert, sondern durch ein dezentrales und enorm energieintensives Computerverfahren („Mining“) geschaffen. Aktuell liegt sein Kurs bei rund 52.000 Dollar. Mitte Juli stand der Bitcoin hingegen noch bei etwa 30.000 Dollar.

Bevölkerung in El Salvador lehnt Bitcoin-Gesetz ab

Neil Wilson, Chef-Marktanalyst bei Markets.com, bewertete den Schritt als den Versuch eines autokratischen Regimes, Aufmerksamkeit zu erregen. Nach seiner Meinung seien die Ärmsten des Landes die letzten, die von der Einführung des Bitcoins profitierten. Auch die Bevölkerung selbst steht dem Bitcoin-Gesetz ablehnend gegenüber. Nach einer landesweiten Umfrage der Universidad Centroamericana mit knapp 1.300 Teilnehmern im August lehnen rund 70 Prozent der Salvadorianer das Gesetz ab. Viele hatten allerdings nur ungenaue Vorstellungen von dem Zahlungsmittel. Nur 4,8 Prozent der Befragten definierten es korrekt als Kryptowährung.

Bukele selbst steht indes vor einer zweiten Amtszeit. Den Weg dazu hatte am Wochenende die Wahlbehörde El Salvadors freigemacht, indem sie sich einer umstrittenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs anschließen will. Dieser hatte verfügt, dass die bisher übliche Zwangspause von zehn Jahren zwischen zwei Amtszeiten als Staatsoberhaupt nicht länger nötig sei.