Die Bauarbeiten an der Gaspipeline Nord Stream 2 stehen offenbar kurz vor dem Abschluss. Die Betreiberfirma Nord Stream 2 AG teilte am Montag mit, dass das letzte Rohr verschweißt wurde und im nächsten Schritt mit dem bereits im Meer befindlichen Teil der Gasleitung verbunden werden soll. Wie der Norddeutsche Rundfunk (NDR) berichtet, ist auch das letzte Rohrsegment inzwischen auf dem Meeresboden verlegt. Das Verlegeschiff „Fortuna“ habe es 40 Kilometer östlich von der Insel Rügen in die Ostsee herabgesenkt. Nach dem Ende der Schweißarbeiten werden die Leitungen noch mithilfe von Robotern gereinigt, zudem stehen mehrere Funktionstests auf dem Plan.
1. 55 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr durch Nord Stream 2
2. Ukraine auf milliardenschwere Transitgebühren angewiesen
3. Putin: US-Sanktionen allein aus wirtschaftlichen Interessen
55 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr durch Nord Stream 2
Experten erwarten, dass der russische Gasmonopolist Gazprom im Oktober das erste Erdgas durch die neue Pipeline nach Deutschland liefert. Dazu soll aber wohl zunächst der Strang zum Einsatz kommen, den man bereits im Juni fertiggestellt hatte. Vor allem der Widerstand der USA, die Sanktionen gegen die Leitung androhten und auch verhängten, verzögerte den Bau um rund anderthalb Jahre. Die Bauarbeiten für Nord Stream 2 hatten 2018 begonnen. Die Baukosten der rund 1.200 Kilometer langen zweisträngigen Pipeline werden auf mehr als zehn Milliarden Euro geschätzt. Die Finanzierung hatten Gazprom und die fünf europäischen Unternehmen OMV, Wintershall Dea, ENGIE, Uniper und Shell je zur Hälfte übernommen. Durch die Leitung will Russland pro Jahr 55 Milliarden Kubikmeter Gas nach Deutschland liefern. Damit könne man nach Angaben der Betreibergesellschaft etwa 26 Millionen Haushalte versorgen. In den restlichen Monaten dieses Jahres sollen noch 5,6 Milliarden Kubikmeter Gas in Deutschland ankommen.
Ukraine auf milliardenschwere Transitgebühren angewiesen
Nord Stream |
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Die Ostsee-Gas-Pipeline Nord Stream beginnt im russischen Wyborg und landet nach 1.224 Kilometer in Lubmin bei Greifswald an. Sie besteht aus vier Strängen, wovon zwei (Nord Stream 1) bereits 2011 fertiggestellt wurden. Die nominelle Transportkapazität aller Stränge zusammen beträgt 110 Mrd. Nm³ Gas pro Jahr. |
Die finanzschwache Ukraine ist wiederum auf die Milliardeneinnahmen aus den Durchleitungsgebühren für den Gastransit angewiesen. Sie fürchtet hohe Verluste und hofft auf Deutschlands Unterstützung, um auch künftig noch eine Rolle als Transitland zu spielen. Der aktuelle Vertrag über die Durchleitung von russischem Gas nach Europa läuft 2024 aus. Die Ukraine will ihn unter deutscher Vermittlung verlängern. Die scheidende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte bei ihrem Besuch in der Ukraine am 22. August, dass man sich für eine Verlängerung des Transitvertrages einsetze. Sie betonte aber auch, dass man das ukrainische Netz künftig etwa für die Durchleitung von Wasserstoff nutzen könne. Die Ukraine hofft auf einen Milliardenbetrag aus Deutschland, um die Energiewende umzusetzen.
Putin: US-Sanktionen allein aus wirtschaftlichen Interessen
Noch im Januar verhängte die damalige US-Regierung unter Präsident Donald Trump erstmals Sanktionen gegen das russische Unternehmen KVT-RUS, zu dem auch die „Fortuna“ gehört. Die USA begründeten den Schritt mit der Sorge, Russland könne „natürliche Ressourcen als Mittel für politischen Druck und bösartigen Einfluss gegen Westeuropa nutzen“. Auch die amtierende Regierung unter US-Präsident Joe Biden teilte die Bedenken. Erst im Juli konnten die USA und Deutschland eine Einigung erzielen, wodurch die Vereinigten Staaten auf weitere Sanktionen verzichteten. Russland hatte die Vorwürfe indes stets zurückgewiesen. Kremlchef Wladimir Putin warf den USA vielmehr vor, sie hätten mir ihrem Widerstand gegen Nord Stream 2 allein wirtschaftliche Interessen verfolgt. Die USA bieten ihr durch Fracking gewonnenes und dann verflüssigtes Gas als Alternative in der EU an. Putin betonte, dass russisches Pipeline-Gas „sauberer, billiger und verlässlicher“ sei als das US-Produkt.