home Wirtschaft Tausende Arbeitsplätze in Gefahr: Thyssenkrupp sagt Konzernumbau und Fusion mit Tata Steel Europe ab

Tausende Arbeitsplätze in Gefahr: Thyssenkrupp sagt Konzernumbau und Fusion mit Tata Steel Europe ab

Der Industriekonzern Thyssenkrupp hat heute seine geplante Aufspaltung in zwei Teile abgesagt. Ebenfalls ad acta gelegt wurde mit diesem Schritt die geplante Stahl-Fusion mit Tata Steel Europe. Stattdessen erwäge Konzernchef Guido Kerkhoff nun eine Holding-Struktur mit der Möglichkeit, die profitable Aufzugssparte abzuspalten oder an die Börse zu bringen. Im Zuge der geplatzten Aufspaltung will das Unternehmen 6.000 Stellen streichen, 4.000 davon in Deutschland.

Trotz Zugeständnissen deutliche Bedenken der Wettbewerbshüter

INFO-BOX:
Thyssenkrupp AG
Die Thyssenkrupp AG entstand 1999 aus der Fusion der Friedrich Krupp AG Hoesch-Krupp mit der Thyssen AG. Der Konzern hat seinen Hauptsitz in Essen. Seine historischen Wurzeln vereinen fast die gesamte Geschichte der rheinisch-westfälischen Schwerindustrie. Thyssenkrupp geht auf eine Vielzahl von unterschiedlichen Vorgängerunternehmen zurück, die sich vor allem im Zuge der Konsolidierung der Kohle-, Eisen- und Stahlindustrie zusammengefunden haben.
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Wie der Konzern in einer Ad-hoc-Mitteilung schrieb, will man mit dieser radikalen Kehrtwende den Konzern stabilisieren. „Thyssenkrupp wird sich stattdessen grundlegend nur ausrichten, um die operative Leistungsfähigkeit entscheidend zu verbessern.“ Die Absage des avisierten Stahl-Joint-Ventures mit Tata hatte sich bereits in den vergangenen Tagen abgezeichnet. Die EU-Wettbewerbshüter hatten Ende April ihre Prüffrist für die Fusion nochmals um sieben Arbeitstage verlängert. Damit hätten sich die Anzeichen für eine Blockade durch die EU gemehrt, hieß es. Weitere Nachbesserungen wollten aber beide Unternehmen nicht mehr vornehmen, da sich dann die Fusion nicht mehr gerechnet hätte. Die geplante Holding soll nun schlanker aufgestellt und die Verwaltungskosten deutlich gesenkt werden. Da es sich um „tiefgreifende Einschnitte“ handele, könnten somit auch betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr ausgeschlossen werden. Über die genauen Modalitäten will man ab sofort Gespräche mit der Arbeitnehmerseite führen. In Deutschland arbeiten für Thyssenkrupp rund 68.000 Menschen, weltweit sind es 161.000.

Die Brüsseler Behörde hatte wegen der Fusionspläne im vergangenen Oktober eine vertiefte Wettbewerbsprüfung eingeleitet. Schon damals gab es Bedenken hinsichtlich eines in der Folge eingeschränkten Wettbewerbs bei metallbeschichtetem Verpackungsstahl, wie er beispielsweise bei Konservendosen zum Einsatz kommt. Auch bei Stahlzulieferungen an die Automobilindustrie sahen die Wettbewerbshüter durch den Zusammenschluss Schwierigkeiten. Thyssenkrupp und Tata hatten daher weitreichende Zugeständnisse gemacht, um doch noch grünes Licht für das Vorhaben zu erhalten. Unter anderem wollten sie nach einer Fusion Unternehmensteile verkaufen. Wegen der drastisch gesunkenen Nachfrage nach Stahl galt ein solcher Verkauf aber immer als schwierig. Zuletzt hatte der österreichische Stahl- und Technologiekonzern Voestalpine abgewunken. Durch den Zusammenschluss wäre Europas zweitgrößter Stahlkonzern mit rund 48.000 Mitarbeitern und Werken in Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden entstanden.

Aktienkurs schießt mehr als 20 Prozent in die Höhe

Nun muss Thyssenkrupp mit den anstehenden Problemen alleine klarkommen. Die Branche benötige eine Konsolidierung, sagte Konzernchef Kerkhoff mit Blick auf die erheblichen Überkapazitäten in der Stahlindustrie. Man habe ein schwaches erstes Halbjahr hinter sich. Nach Bekanntgabe des Stopps der Aufspaltung schoss der seit langem schwächelnde Aktienkurs des Unternehmens in der Spitze um mehr als 20 Prozent in die Höhe und war damit klarer Tagesgewinner im DAX. Die Arbeitsnehmervertreter fordern nun ein klares Zukunftskonzept. „Herr Kerkhoff hat die Strategie der Teilung vor acht Monaten selbst vorgeschlagen. Wenn das jetzt nicht mehr funktionieren soll, dann muss er uns das schon erklären“, sagte Vize-Aufsichtsratschef und IG Metall-Sekretär Markus Grolms. Der Weg nach vorne müsse nun endlich tragfähig sein, aber ohne Benachteiligung der Beschäftigten.