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„Klimahysterie“ zum „Unwort des Jahres 2019“ gewählt

Der Begriff „Klimahysterie“ ist zum „Unwort des Jahres 2019“ gewählt worden. Dies gab eine Jury aus Sprachexperten der Technischen Universität Darmstadt bekannt. Mit dem Wort würden „Klimaschutzbemühungen und die Klimaschutzbewegung diffamiert und Debatten diskreditiert“, erklärte die Jury zur Begründung. „Der Ausdruck pathologisiert pauschal das zunehmenden Engagement für den Klimaschutz als eine Art kollektiver Psychose“, so die Sprachexperten.

Zahl der Einsendungen geht weiter zurück

Info-Box
Unwörter des Jahres
2006: Freiwillige Ausreise
2007: Herdprämie
2008: Notleidende Banken
2009: Betriebsrats-verseucht
2010: Alternativlos
2011: Döner-Morde
2012: Opfer-Abo
2013: Sozialtourismus
2014: Lügenpresse
2015: Gutmensch
2016: Volksverräter
2017: Alternative Fakten
2018: Anti-Abschiebe-Industrie
2019: Klimahysterie
2020: Rückführungs-patenschaften / Corona-Diktatur
2021: Pushback
2022: Klimaterroristen
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Den Begriff „Klimahysterie“ hatten im vergangenen Jahr besonders AfD-Politiker immer wieder in der politischen Debatte benutzt. Als Beispiel führte die Jury ein Zitat von AfD-Fraktionschef Alexander Gauland aus dem vergangenen Juni an: „Die Klimahysterie der anderen Parteien wird die AfD nicht mitmachen.“ Damit, so die Jury, stütze man auch „wissenschaftsfeindliche Tendenzen“. 671 Einsendungen mit 397 Wortvorschlägen hatte die sprachkritische Aktion in diesem Jahr registriert, darunter wurde neun Mal der spätere Gewinner genannt. Damit ging die Zahl der Einsendungen erneut zurück. Im vergangenen Jahr hatten noch mehr als 900 Vorschläge die Jury erreicht, früher gab es aber auch schon deutlich über 2.000 Einsendungen. Statt der Flüchtlingskrise und Migration standen in diesem Jahr die Ökologie und die Klimadebatte im Mittelpunkt der Vorschläge. Weitere Nennungen waren Begriffe wie „Bauernbashing“, „Ökodiktatur“ und „Bevölkerungsexplosion“.

Neben dem Wort „Klimahysterie“ kritisierten die Experten auch die Begriffe „Umvolkung“ und „Ethikmauer“. „Umvolkung“ erhielt durch ein ZDF-Interview mit dem neuen AfD-Vorsitzenden Tino Chupralla größere Aufmerksamkeit. Dies sei ein Schlüsselbegriff einer rechtsextremen Verschwörungstheorie und behaupte, dass es einen geheimen Plan gebe, die weiße Mehrheitsbevölkerung in Europa, Australien, Neuseeland und den USA durch vornehmlich muslimische Flüchtlinge und andere nicht-weiße Einwanderer auszutauschen. Sie sei fester Bestandteil der AfD-Ideologie und auch der Attentäter von Christchurch habe diese Theorie als Legitimationsgrundlage für seine Taten benutzt, schrieben die Sprachexperten. Der Begriff „Ethikmauer“ stehe demgegenüber exemplarisch für Ausdrücke, die jede moralisch-ethische Argumentation als ein Zeichen naiver Fortschrittsverweigerung diskreditieren. Zudem negiere diese Wortwahl, auf welch hohem ethischen Niveau die Gesellschaft um grundsätzliche Zukunftsfragen ringe, so die Jury weiter.

Kabarettist Urban Priol in diesem Jahr Jury-Mitglied

Das „Unwort des Jahres“ hatte 1991 der Frankfurter Germanistikprofessor Horst Dieter Schlosser initiiert. Seit 2011 ist die Darmstädter Professorin für germanistische Linguistik Nina Janich Sprecherin der Jury aus vier Sprachwissenschaftlern und einem Journalisten. Hinzu kommt ein jährlich wechselndes Mitglied aus dem Bereich des öffentlichen Kultur- und Medienbetriebs. In diesem Jahr war dies der Kabarettist Urban Priol. Im vergangenen Jahr hatte sich die Jury für den Begriff „Anti-Abschiebe-Industrie“ entschieden, den CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt geprägt hatte. Zuvor waren bereits Begriffe wie „Alternative Fakten“, „Volksverräter“ und „Gutmensch“ zum „Unwort des Jahres“ gekürt worden.