Die russische Regierung hat ihren Rücktritt angekündigt und bereitet damit Präsident Wladimir Putin den Weg für dessen angekündigte Verfassungsreform. Dies erklärte Ministerpräsident Dmitri Medwedew im Beisein Putins im staatlichen Fernsehen. Er wolle mit dem Rücktritt Putin Raum geben für die Änderung der Verfassung, die der Präsident in seiner Rede zur Lage der Nation angekündigt hatte, so der Ministerpräsident.
1. Putin schlägt Referendum über Verfassungsänderungen vor
2. Kritiker: Präsident arbeitet an Machterhalt nach 2024
3. Medwedew wird Korruption und Geldanhäufung vorgeworfen
Putin schlägt Referendum über Verfassungsänderungen vor
Wie die Nachrichtenagentur Interfax meldete, werde der Präsident eine neue Regierung berufen und wies das bisherige Kabinett an, bis dahin im Amt zu bleiben. Als neuen Ministerpräsidenten schlug Putin den bisherigen Chef der Steuerbehörde, Michail Mischustin vor. Die Nachrichtenagentur RIA schrieb, dieser habe seiner Berufung bereits zugestimmt. Medwedew soll hingegen auf den neu zu schaffenden Posten des stellvertretenden Chefs des Sicherheitsrates wechseln. Dort werde er den Bereich der Verteidigung und Sicherheit verantworten, so Interfax.
In seiner Rede wenige Stunden zuvor hatte Putin ein Referendum über einige Verfassungsänderungen vorgeschlagen. „Ich halte eine Abstimmung der Bürger über ein Gesamtpaket vorgeschlagener Änderungen an der Landesverfassung für notwendig“, so der Präsident. So soll das Parlament künftig etwa das Recht haben, den Ministerpräsidenten und die Kabinettsmitglieder zu benennen. Ein Recht, das bislang dem Präsidenten zustand. Das Staatsoberhaupt soll jedoch weiter den Regierungschef und einzelne Minister entlassen können sowie die wichtigsten Posten für Außen- und Verteidigungspolitik vergeben.
Kritiker: Präsident arbeitet an Machterhalt nach 2024
Ministerpräsidenten Russlands seit 1991 |
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1991-1992: Boris Jelzin 1992: Jegor Gaidar 1992-1998: W. Tschernomyrdin 1998: Boris Jelzin 1998: Sergei Kirijenko 1998: W. Tschernomyrdin 1998-1999: J. Primakow 1999: Sergei Stepaschin 1999-2000: Wladimir Putin 2000-2004: M. Kasjanow 2004: Wiktor Christenko 2004-2007: Michail Fradkow 2007-2008: Wiktor Subkow 2008-2012: Wladimir Putin 2012: Wiktor Subkow 2012-2020: D. Medwedew |
Neben der Stärkung des Parlaments sollen auch die Kriterien für Präsidentschaftskandidaten verschärft werden. Am starken Präsidialsystem wolle er aber festhalten, sagte Putin. Kritiker werfen dem Präsidenten, der erstmals im Jahr 2000 an die Macht kam, vor, bereits an seinem Machterhalt über das Jahr 2024 hinaus zu arbeiten. In diesem Jahr endet seine aktuelle Amtszeit. Laut der Verfassung kann er danach nicht noch einmal für das Amt des Präsidenten kandidieren. Beobachter spekulieren, dass er stattdessen wie schon 2008 in das Amt des Ministerpräsidenten wechseln werde und dafür nun schon dessen Vollmachten ausbaue.
Medwedew wird Korruption und Geldanhäufung vorgeworfen
Der 54 Jahre alte Medwedew, der auch Vorsitzender der Kremlpartei „Geeintes Russland“ ist, ist im Land äußerst unbeliebt. Seit 2017 gibt es immer wieder Proteste der Opposition, die sich besonders gegen die Person Medwedew richten. Der Kremlkritiker Alexej Nawalny hatte mit Recherchen Korruption und Geldanhäufung des Politikers aufgedeckt und die Proteste so in Gang gesetzt. Nach seiner ersten Amtszeit als russischer Präsident von 2008 bis 2012 trat Medwedew nicht zu einer Wiederwahl an, um seinem Mentor und früheren KGB-Agenten Putin die Rückkehr ins Spitzenamt zu ermöglichen. Auf sein Konto geht zudem die Ausdehnung der Amtszeit von russischen Präsidenten von vier auf sechs Jahre.