Fast fünf Jahre nach dem Auffliegen der Abgasaffäre bei Volkswagen hat das Braunschweiger Landgericht die Betrugsanklage gegen den ehemaligen Konzernchef Martin Winterkorn zugelassen. Dies teilte die Kammer am Mittwoch mit. Gegen den 73-Jährigen bestehe ein hinreichender Tatverdacht „wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs“, teilte das Gericht mit. Winterkorn muss sich den Vorwürfen damit in einem öffentlichen Verfahren stellen. Wann der Prozess beginnt, steht derzeit noch nicht fest.
1. Schwerer Betrug und unlauterer Wettbewerb
2. Dieselskandal kostete VW bisher rund 30 Milliarden Euro
Schwerer Betrug und unlauterer Wettbewerb
Martin Winterkorn |
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Martin Winterkorn wurde 1947 in Leonberg bei Stuttgart geboren. 1966 begann er ein Studium der Metallphysik und Metallkunde an der Universität Stuttgart. 1977 promovierte er am Max-Planck-Institut für Metallforschung zum Dr. rer. nat. Nach Tätigkeiten im Forschungsbereich bei der Robert Bosch GmbH und in der Qualitäts-sicherung bei Audi wechselte er 1993 zu VW. Seit 2007 hatte er den Vorstandsvorsitz der Volkswagen AG und den Aufsichtsratsvorsitz der Audi AG inne. Zudem war er von 2009 bis 2015 Vorstandsvorsitzender der Porsche Automobil Holding SE. |
Die Käufer bestimmter Fahrzeuge aus dem VW-Konzern seien über die Beschaffenheit der Autos und die Abschalteinrichtung in der Motorsteuersoftware getäuscht worden. Dadurch sei die Einhaltung der Stickoxidemissionen nur auf dem Prüfstand, nicht aber im normalen Betrieb gewährleistet gewesen. Dadurch hätten die Käufer einen Vermögensschaden erlitten, so das Gericht, weshalb es die Eröffnung der Hauptverhandlung zuließ.
Beobachter hatten eigentlich schon zu Beginn des Jahres mit einer Eröffnung des Prozesses gegen Winterkorn und weitere Führungskräfte des VW-Konzerns gerechnet. Im Januar musste die Staatsanwaltschaft aber offenbar noch einmal nacharbeiten. Manche Ansatzpunkte in der Anklage hielt das Gericht nach Angaben von „Business Insider“ für „nicht zielführend“. Zudem sei ein „hinreichender Tatverdacht“ teilweise nicht absehbar gewesen. Demnach ging es um den Vorwurf strafbarer Werbung für manipulierte Dieselautos in den USA. Zudem um den Betrugsvorwurf wegen des anhaltenden Verkaufs solcher Fahrzeuge. Außerdem forderte das Gericht noch ein Sachverständigen-Gutachten zu der Frage an, ob die Software der Steuergeräte in den betroffenen Dieselfahrzeugen tatsächlich ein illegales Täuschungsprogramm enthielt.
Dieselskandal kostete VW bisher rund 30 Milliarden Euro
Im September 2015 hatte Volkswagen nach Prüfungen der Behörden und Recherchen von Forschern in den USA Manipulationen an den Abgaswerten von Dieselfahrzeugen zugegeben. Die Software bestimmter Motoren war so eingestellt, dass im tatsächlichen Fahrbetrieb auf der Straße deutlich mehr giftige Stickoxide ausgestoßen wurden als in Tests. Bislang musste VW im Zuge des Dieselskandals etwa 30 Milliarden Euro zahlen, um Kunden zu entschädigen und vor allem die amerikanische Justiz zu besänftigen. Ende September trat Winterkorn vom VW-Vorstandsvorsitz zurück. Kurze Zeit später gab er auch seine weiteren Ämter bei Porsche und Audi ab.