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Corona-Impfstoff: Zulassungsprozess für Wirkstoff von BioNTech und Pfizer gestartet

Die europäische Pharmaaufsicht EMA hat den Zulassungsprozess des Corona-Impfstoffs von BioNTech und Pfizer eingeleitet. Die Behörde bestätigte am Dienstag in Amsterdam, dass der Wirkstoff BNT162b2 in dem sogenannten Rolling-Review-Verfahren geprüft werde. Bei diesem werden Daten aus der klinischen Prüfung fortlaufend eingereicht und bewertet. Die Entscheidung der EMA, das Verfahren zu beginnen, basiert nach Angaben der Behörde auf den ermutigenden vorläufigen Daten der präklinischen sowie frühen klinischen Studien bei Erwachsenen.

Schnelle Impfstoff-Zulassung mit Auflagen möglich

INFO-BOX:
BioNTech
BioNTech wurde 2008 auf der Grundlage langjähriger Forschungsarbeiten von Ugur Sahin, Christoph Huber und Özlem Türeci gegründet. Der Hauptsitz des Unternehmens befindet sich in Mainz. Das Biotechnologie-Unternehmen fokussiert sich auf die Entwicklung und Herstellung von aktiven Immuntherapien für einen patienten-spezifischen Ansatz zur Behandlung von Krebs und anderen schweren Krankheiten. Im Zuge dessen war BioNTech auch das erste Unternehmen, das ein mRNA-basiertes Humantherapeutikum zur intravenösen Verabreichung entwickelte.
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Die Mainzer BioNTech ist damit das erste deutsche Unternehmen und mit AstraZeneca das zweite insgesamt, das bei der EMA für diesen Prozess zugelassen wurde. Im April hatte BioNTech als erstes deutsches Unternehmen vom zuständigen Paul-Ehrlich-Institut (PEI) die Genehmigung für eine klinische Studie der Phase I/II bekommen. In dieser Phase werden die Sicherheit und die Verträglichkeit des Impfstoffkandidaten geprüft. Die vorläufigen Daten zeigen nun, dass der Wirkstoff gut verträglich war und nur leichte bis moderate Nebenwirkungen aufwies, so die Unternehmen. Die Probanden hätten Antikörper gebildet und andere erwünschte Immunreaktionen gezeigt.

Der zuständige Ausschuss der EMA habe nun begonnen, diese Daten einer Prüfung zu unterziehen. Derzeit wird BNT162b2 in einer klinischen Studie der Phase II/III geprüft. Hierbei wird die Wirksamkeit und die passende Dosierung ermittelt. Bis dato sind 37.000 Probanden in die Studie eingeschlossen. 28.000 davon hätten bereits die zweite Impfstoff-Dosis erhalten, hieß es in einer Mitteilung. An der Studie sind weltweit mehr als 120 Studienzentren beteiligt.

Bei EU-Zulassungen kann es jedoch durchaus vorkommen, dass schon eine Zwischenauswertung gute Daten zu Wirksamkeit und Sicherheit eines Impfstoffs liefert. Darauf basierend könne dann eine sogenannte „Conditional Market Authorisation“, eine Zulassung mit Auflagen, erfolgen. Und dies noch „bevor die normalerweise ein oder zwei Jahre dauernde klinische Prüfung der Phase III komplett abgeschlossen ist“, sagte Klaus Cichutek, Präsident des PEI. Die Genehmigung dazu erteilt die Europäischen Kommission. Der Impfstoffkandidat werde den strengen Qualität-, Sicherheits- und Wirksamkeitsstandards der EMA unterliegen, betonten BioNTech und Pfizer. „Während wir daran arbeiten, einen potenziellen Impfstoff in einer noch nie dagewesenen Geschwindigkeit zu entwickeln, um dieser Pandemie ein Ende zu bereiten, ist es unsere Pflicht, sicherzustellen, dass wir dies mit den höchsten ethischen Standards sowie unter Einhaltung fundierter wissenschaftlicher Prinzipien tun“, so BioNTech-Chef und Mitgründer Ugur Sahin.

Sechs deutsche Impfstoff-Kandidaten in der Prüfung

Der von BioNTech entwickelte Wirkstoff ist ein sogenannter RNA-Impfstoff. Er enthält die genetische Information des Erregers. Im Körper wird daraus ein Eiweiß des Virus hergestellt. Genauer gesagt das Oberflächenprotein, mit dessen Hilfe das Virus in Zellen eindringt. Ziel der Impfung ist es, den Körper zur Bildung von Antikörpern gegen dieses Protein anzuregen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) laufen aktuell bereits Phase III-Studien zu etwa einem Dutzend Impfstoff-Kandidaten. In Deutschland sind laut PEI vier RNA-Impfstoffe und zwei Vektorimpfstoffe in verschiedenen Phasen der klinischen Prüfung. Russland hatte mit ersten Corona-Impfungen in der Bevölkerung bereits begonnen, als die entscheidende Phase III-Studie für das Präparat „Sputnik V“ noch nicht einmal angelaufen war. Dies sei in der EU nicht vorstellbar, sagte PEI-Chef Cichutek. Auch in China werden bestimmte Bevölkerungsgruppen wie Militärangehörige und Klinikpersonal schon Impfstoff-Kandidaten ausgesetzt, für die die Prüfung in klinischen Studien noch längst nicht abgeschlossen ist.