Der Fall machte international Schlagzeilen: Nachdem ein Rentner in einer Bank in Essen zusammenbricht, ignorieren ihn vier Kunden und verlassen die Filiale, ohne dem Mann zu helfen. Erst der Fünfte wählt den Notruf und sorgt so für die dringend benötigte medizinische Versorgung. Wegen unterlassener Hilfeleistung wurden in diesem Fall heute zwei Männer und eine Frau vom Amtsgericht Essen-Borbeck zu hohen Geldstrafen verurteilt.
1. Angeklagte hielten Mann für schlafenden Obdachlosen
2. Keine Mitschuld am Tod des Rentners
Angeklagte hielten Mann für schlafenden Obdachlosen
Vor Gericht standen ein 55 und ein 61 Jahre alter Mann sowie eine 39-jährige Frau, die am 3. Oktober vergangenen Jahres ihre Bankgeschäfte erledigten, während der 83-Jährige offenbar hilflos im Vorraum der Bankfiliale lag, ohne dass sie ihm Beachtung schenkten. Die Angeklagten liefen um den Rentner herum oder stiegen sogar über ihn und verletzten damit ihre Pflicht zur Hilfeleistung. Die Frau und der 61-jährige Mann verteidigten sich mit der Aussage, sie hätten den Mann für einen schlafenden Obdachlosen gehalten.
Dieses Argument wollte das Gericht aber nicht gelten lassen, weil der Mann sichtbar in unmittelbarer Nähe eines Bankautomaten gelegen hatte. Es habe keinen begründeten Zweifel an einem Unglücksfall geben können. Dem Antrag der Verteidigung, die Angeklagten freizusprechen, wollte Amtsrichter Karl-Peter Wittenberg deshalb nicht folgen. Stattdessen verurteilte die Angeklagte zu einer Strafe von 3.600 Euro, die zwei Männer müssen 2.800 und 2.400 Euro zahlen. Beim Urteil wurde berücksichtigt, dass keiner der drei vorbestraft ist. Dennoch bezeichnete der Richter ihr Verhalten als „in nicht hinnehmbarer Weise gleichgültig“.
Keine Mitschuld am Tod des Rentners
Weil die Angeklagten nicht reagierten, lag der 83-Jährige rund 20 Minuten bewusstlos am Boden, bevor die Rettungskräfte alarmiert wurden. Diese brachten ihn ins Krankenhaus, wo er nach einer Woche den Folgen eines Schädel-Hirn-Traumas erlag, das er sich beim Sturz in der Bank zugezogen hatte. Am Tod des Rentners trugen die Angeklagten laut eines Gutachtens keine Schuld. Auch eine frühere Versorgung hätte dem Mann demnach nicht das Leben retten können. Der Fall des vierten Kunden wurde nicht verhandelt, weil dessen Gesundheitszustand geprüft werden muss.