home Panorama Deutscher Buchpreis 2021: Je drei Männer und Frauen auf der Shortlist

Deutscher Buchpreis 2021: Je drei Männer und Frauen auf der Shortlist

Die sechs Finalistinnen und Finalisten für den Deutschen Buchpreis 2021 stehen fest. Mit drei Frauen und drei Männern ist die Liste in diesem Jahr paritätisch besetzt. Wie die Jury am Dienstag bekanntgab, haben es Norbert Gstrein („Der zweite Jakob“), Monika Helfer („Vati“), Christian Kracht („Eurotrash“), Thomas Kunst („Zandschower Klinken“), Mithu Sanyal („Identitti“) und Antje Rávik Strubel („Blaue Frau“) in die Endauswahl geschafft. Überreicht wird der Deutsche Buchpreis seit 2005 traditionell am Montag vor der Frankfurter Buchmesse im Kaisersaal des Frankfurter Römers. In diesem Jahr ist dies der 18. Oktober.

„Identitti“ Beitrag zur aktuellen Identitätsdebatte

Jurysprecher Knut Cordsen sagte, die ausgewählten Autorinnen und Autoren zeigten „den stilistischen, formalen und thematischen Reichtum der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur“. Sie zeugten zudem „von der immensen Lust und hohen Könnerschaft, Geschichten zu erzählen“. In den künstlerisch herausragenden Romanen reflektierten die Autoren das eigene Schreiben und loteten die Möglichkeiten und Grenzen aus, so Cordsen. Die Mischung der Nominierten ist zudem facettenreich. Zwei von ihnen stammen aus Ostdeutschland, eine aus Westdeutschland. Kracht ist Schweizer, Gstrein und Helfer stammen aus Österreich. Als Tochter einer Polin und eines Inders hat Sanyal zudem einen internationalen Hintergrund. Sie ist die einzige Debütantin auf der Shortlist. Ihr Roman „Identitti“ handelt von einer Professorin für interkulturelle Studien, die vorgibt, Inderin zu sein und nach ihrer Entlarvung einen Shitstorm erntet. Damit schlägt das Buch voll in die gerade tobende Identitätsdebatte, in der darum gestritten wird, wer für welche Minderheit sprechen darf.

Jury aus sieben Literaturexpertinnen und -experten

INFO-BOX:
Bisherige Gewinner des
Deutschen Buchpreises
2005: Arno Geiger
2006: Katharina Hacker
2007: Julia Franck
2008: Uwe Tellkamp
2009: Kathrin Schmidt
2010: Melinda Nadj Abonji
2011: Eugen Ruge
2012: Ursula Krechel
2013: Terézia Mora
2014: Lutz Seiler
2015: Frank Witzel
2016: Bodo Kirchhoff
2017: Robert Menasse
2018: Inger-Maria Mahlke
2019: Saša Stanišić
2020: Anne Weber
Norbert Gstrein erzählt in seinem Roman „Der zweite Jakob“ die Geschichte eines Schauspielers, der anlässlich seines 60. Geburtstags dazu gezwungen ist, sich selbst und seiner Tochter Rechenschaft abzulegen und das Stationendrama seiner Biografie in eine finale Fassung zu bringen. Eine Annäherung an des Leben ihres Vaters versucht Monika Helfer mit ihrem Buch „Vati“. Nachdem er kriegsversehrt nach Hause kommt, lernt er ihre Mutter kennen und wird Leiter eines Versehrtenheims in den Bergen. Dort sammelt er Bücher, lebt mit und für sie. Und schon hier zeigt sich, was sich nach dem Tod seiner geliebten Frau ausprägt: eine große Abwesenheit, ein umfassendes Schweigen, das nicht zuletzt auch das Leben der Kinder prägt.

Alle Bücher auf der Shortlist seien „künstlerisch herausragende Romane, die bei aller Unterschiedlichkeit ihrer Topoi und Schreibweisen eines vereint: Sie sind alle auf je eigene Weise ausgezeichnet und haben jeder für sich die Jury überzeugt“, so der Sprecher des Gremiums.

Dieses besteht 2021 neben Cordsen (Kulturredakteur beim Bayerischen Rundfunk) aus Bettina Fischer (Leiterin Literaturhaus Köln), Anja Johannsen (Leiterin Literarisches Zentrum Göttingen), Richard Kämmerlings (Literarischer Korrespondent, Die Welt), Sandra Kegel (Ressortleiterin Feuilleton, FAZ), Beate Scherzer (Buchhändlerin, Proust Wörter + Töne) und Anne-Catherine Simon (Feuilleton-Redakteurin, Die Presse).

Deutscher Buchpreis mit 25.000 Euro dotiert

Der Deutsche Buchpreis, der vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels vergeben wird, ist mit 25.000 Euro dotiert. Die übrigen fünf Autorinnen und Autoren der Shortlist erhalten jeweils 2.500 Euro. Zuletzt wurden Anne Weber für „Annette, ein Heldinnenepos“ und Saša Stanišić für „Herkunft“ ausgezeichnet. Die Jury hatte in diesem Jahr 230 Titel gesichtet, die zwischen Oktober 2020 und September 2021 erschienen waren. Die 20 Titel der Longlist hatte das Gremium Ende August bekannt gegeben. Nicht in die Endauswahl geschafft haben es demnach unter anderem Franzobel („Die Eroberung Amerikas“), Georges-Arthur Goldschmidt („Der versperrte Weg“), Dilek Güngör („Vater und ich“), Sasha Marianna Salzmann („Im Menschen muss alles herrlich sein“) und Heinz Strunk („Es ist immer so schön mit dir“).