Seit mehr als 20 Jahren streiten sich die Band Kraftwerk und der Musikproduzent Moses Pelham um die Frage, ob ein zwei Sekunden langes Sample aus einem Kraftwerk-Song rechtens war. Das Bundesverfassungsgericht musste sich ebenso mit dem Fall beschäftigen, wie der Europäische Gerichtshof (EuGH). Gleich vier Mal landete der Streit sogar vor dem Bundesgerichtshof. Dieses hat heute den Fall zwar an das Berufungsgericht zurückverwiesen – stellte jedoch klar, dass nach seiner Auffassung Pelham die Sequenz im Jahr 1997 ohne zu fragen übernehmen durfte. Seit Dezember 2002 schließe eine entsprechende EU-Richtline eine solche Nutzung aber aus, so die Karlsruher Richter (Az. I ZR 115/16).
1. EU-Richtlinie verschärfte Sampling 2002 grundlegend
2. Schwarzer Tag für den Hip-Hop
EU-Richtlinie verschärfte Sampling 2002 grundlegend
Moses Pelham |
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Moses Pelham, Jahrgang 1971, gründete 1993 zusammen mit Thomas Hofmann die Hip-Hop-Formation Rödelheim Hartreim Projekt. Kurz darauf hob er das Plattenlabel pelham power productions (3p) aus der Taufe und produzierte unter anderem Alben von Sabrina Setlur und Xavier Naidoo. 2017 war Pelham Teilnehmer der Sendung „Sing meinen Song – Das Tauschkonzert“. Im März 2020 brachte Pelham mit „Emuna“ sein fünftes chartnotiertes Soloalbum auf den Markt. |
In dem Fall gibt es nun eine Zeit, in der deutsches Recht gilt und eine Zeit, ab der die wesentlich strengere europäische Richtlinie in Kraft trat. Da unbekannt sei, ob nach deren Inkrafttreten 2002 noch Tonträger mit dem Setlur-Song hergestellt wurden, müsse sich Oberlandesgericht Hamburg nun ein weiteres Mal mit der Sache befassen. Grundsätzlich sei Sampling aber nur noch in engen Grenzen möglich, so die Richter. Sobald für den durchschnittlichen Hörer ein Sampling erkennbar sei, müsse die Zustimmung des Komponisten eingeholt werden. Andernfalls liege eine Urheberrechtsverletzung vor.
Schon 2016 hatte das Bundesverfassungsgericht Pelham Recht gegeben und in seinem Urteil der Kunstfreiheit im Hip-Hop breiten Raum zugestanden. Doch der EuGH sah dies anders. Im vergangenen Jahr entschied das höchste europäische Gericht, dass das Sampling nach der Richtlinie aus dem Jahr 2002 nur dann von der Kunstfreiheit gedeckt ist, wenn die verwendete Tonsequenz verändert wird und der Durchschnittshörer diese nicht wiedererkennen kann.
Schwarzer Tag für den Hip-Hop
Seit 2002 durfte Pelham somit nach Ansicht der BGH-Richter den Song mit der Rhythmussequenz von Kraftwerk nicht mehr produzieren, da seit damals eine neue Rechtslage gilt, so Presserichterin Dietlind Weinland. Es handle sich bei dem Sample in „Nur mir“ um eine unveränderte Sequenz, die zudem ohne Weiteres erkennbar sei. Dies seien die entscheidenden Kriterien. Somit stehen nach dem heutigen Richterspruch zwei Ergebnisse: Pelham dürfte sich im Wesentlichen durchsetzen, zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht. Nach einem Grundsatzerfolg für die Musik im Allgemeinen und den Hip-Hop im Speziellen sieht das Urteil aber nicht aus. Das Oberlandesgericht Hamburg muss nun neben der offenen Frage, ob seit 2002 noch Tonträger mit dem Setlur-Lied produziert wurden, unter anderem noch prüfen, ob „Nur mir“ ein selbstständiges Werk ist. Dies dürfte jedoch nur eine Formalie sein. Am wesentlichen Ergebnis wird sich nichts mehr ändern.