home Politik Keine Abstimmung in Sachsen-Anhalt: Erhöhung des Rundfunkbeitrags vorerst geplatzt

Keine Abstimmung in Sachsen-Anhalt: Erhöhung des Rundfunkbeitrags vorerst geplatzt

Die geplante Erhöhung des Rundfunkbeitrags von derzeit 17,50 Euro auf 18,36 Euro zum 1. Januar kommenden Jahres ist gescheitert. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) kündigte am Dienstag in einer Kabinettssitzung in Magdeburg an, dass er den entsprechenden Gesetzentwurf als Regierungschef zurückziehen werde. Ein entsprechenden Schreiben an Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch sei bereits verschickt. Somit wird sich der Landtag nicht mehr wie geplant mit dem in der schwarz-rot-grünen Koalition umstrittenen Staatsvertrag befassen. Der Rundfunkbeitrag bleibt damit vorerst auf dem bisherigen Stand.

„Kein guter Tag für die Medienpolitik in Deutschland“

In einer Erklärung aus der Staatskanzlei hieß es dazu, die Koalition gehe „gefestigt aus der Krise hervor und wird ihre Arbeit zum Wohle des Landes bis zum Ende der Legislaturperiode fortsetzen“. In Sachsen-Anhalt wird am 6. Juni 2021 gewählt. Die Koalitionspartner SPD und Grüne hatten für den Fall, dass die CDU im Landtag die Beitragserhöhung mit den Stimmen der AfD verhindert, offen mit Koalitionsbruch gedroht. Durch das Zurückziehen der Vertragsvorlage können CDU und AfD nun nicht mehr gemeinsam abstimmen.

Trotzdem kam in ersten Reaktionen Kritik vonseiten der SPD und den Grünen. Die SPD-Fraktionsvorsitzende Katja Pähle sagte, man nehme „die Entscheidung zur Kenntnis“. Dieser Tag sei „kein guter Tag für die Medienpolitik in Deutschland“. Die vorgeschlagene Beitragserhöhung beruhe auf dem Votum der unabhängigen Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (KEF). Sollten die Sendeanstalten nun wie angekündigt klagen, werde das Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung treffen. Die Debatte über eine Reform der öffentlich-rechtlichen Sender werde auf diese Weise nicht vorangebracht, so Pähle weiter.

Gebührenstreit gipfelte in Entlassung des Innenministers

INFO-BOX:
Rundfunkgebühr/-beitrag seit 1953
1953: 7,00 DM
1970: 8,50 DM
1974: 10,50 DM
1979: 13,00 DM
1983: 16,25 DM
1988: 16,60 DM
1990: 19,00 DM
1992: 23,80 DM
1997: 28,25 DM
2001: 31,58 DM
2002: 16,15 €
2005: 17,03 €
2009: 17,98 €
seit 2015: 17,50 €
Der Parlamentarische Geschäftsfüher der Grünen, Sebastian Striegel, sagte, „unter normalen Umständen wäre dies der Moment, eine solche Koalition zu verlassen“. Derzeit seien jedoch keine normalen Zustände. Angesichts der dramatischen Zuspitzung der Corona-Pandemie sei ein Aufkündigen der Koalition daher nicht angebracht.

Haseloff hatte die im neuen Rundfunkstaatsvertrag vorgesehene Beitragserhöhung bereits im Frühjahr im Kreise der anderen 15 Ministerpräsidenten unterschieben. Schon damals wies er aber darauf hin, dass es dafür in seinem Landtag keine Mehrheit gebe. Im Koalitionsvertrag hatten CDU, SPD und Grüne 2016 „Beitragsstabilität“ vereinbart. Während SPD und Grüne dadurch inflationsbedingte Anpassungen gedeckt sahen, lehnten die Christdemokraten jeden Cent Erhöhung ab.

In den letzten Wochen war der Streit darüber dann eskaliert. Dieser gipfelte am Freitag in der Entlassung von Innenminister Holger Stahlknecht (CDU). Dieser hatte in einem Interview nach einem möglichen Koalitionsbruch eine Minderheitsregierung der CDU in Sachsen-Anhalt ins Spiel gebracht. Dann wären die Christdemokraten aber auch von den Stimmen der AfD abhängig gewesen wären, was Partei und Ministerpräsident aber stets kategorisch ausgeschlossen hatten. Stahlknecht trat anschließend auch als CDU-Landeschef zurück.

Saarländischer Rundfunk sieht sich „existenziell bedroht“

Zahlreiche Ministerpräsidenten hatten angesichts des Streits um Zustimmung zu dem neuen Staatsvertrag in Sachsen-Anhalt geworben, Nachverhandlungen jedoch abgelehnt. Die Intendantin des Mitteldeutschen Rundfunks, Karola Wille, hatte bereits im Vorfeld im Falle eines Vetos aus Magdeburg rechtliche Schritte angekündigt. „Deswegen werden wir sicherlich den Weg nach Karlsruhe suchen, um eine verfassungsgerichtliche Klärung herbeizuführen“, so Wille. Der Saarländische Rundfunk erklärte, ohne den neuen Staatsvertrag sei die Anstalt „existenziell bedroht“.