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Aus nach 70 Jahren: IKEA stellt gedruckten Katalog ein

Nach 70 Jahren stellt das schwedische Möbelhaus IKEA seinen gedruckten Katalog ein. Das Unternehmen will seine Produkte zukünftig vor allem auf digitalen Wegen vorstellen, wie die deutsche IKEA-Gesellschaft am Montag in einer Mitteilung bekanntgab. Das Kundenverhalten und der Medienkonsum hätten sich zuletzt gewandelt und der Katalog immer weniger genutzt worden. Die Auflage des Katalogs war von ihrem Höchststand 2016 mit 200 Millionen Exemplaren in 32 Sprachen auf zuletzt nur noch 8,5 Millionen hierzulande geschrumpft. Nach dem Otto-Katalog, der 2019 nach 68 Jahren letztmals erschien, verschwindet damit ein weiterer gedruckter Klassiker vom Markt.

Weltweit meistgelesene Publikation nach der Bibel

INFO-BOX:
IKEA
IKEA wurde 1943 von Ingvar Kamprad in Schweden gegründet. Der Name setzt sich aus den Anfangsbuchstaben des Vor- und Nachnamens des Gründers, des elterlichen Bauernhofs Elmtaryd und des Dorfes Agunnaryd zusammen. Das erste Möbelhaus eröffnete 1958 in Älmhult, das erste deutsche IKEA-Einrichtungshaus 1974 in Eching bei München.
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„Sowohl für unsere Kunden als auch für unsere Mitarbeitenden ist der IKEA-Katalog mit unzähligen tollen Erinnerungen und Emotionen verbunden“, sagte IKEA-Manager Konrad Grüss. Die Entscheidung, den Katalog künftig nicht mehr weiterzuführen, fiel nach Unternehmensangaben im Zuge der „derzeit laufenden Transformation, durch die IKEA digitaler und besser erreichbar werden soll“. Schon die aktuelle und damit letzte Ausgabe des gedruckten Katalogs hatten Kunden ausdrücklich anfordern müssen und war nicht mehr wie die Jahre zuvor automatisch im Briefkasten gelandet. „Wir werden die vielen Menschen künftig über neue Wege erreichen, mit ihnen interagieren und sie mit unseren Einrichtungslösungen inspirieren“, so Grüss weiter. In der Corona-Pandemie hatte IKEA zuletzt seinen Online-Umsatz bei gleichzeitig monatelang geschlossenen Einrichtungshäusern stark gesteigert. Die Anzahl der Besucher auf der Webseite ikea.com stieg auf mehr als vier Milliarden. Auf dem deutschen Markt kletterte der Anteil des im Internet erzielten Umsatzes im Geschäftsjahr 2019/20 von 9,4 auf 16,2 Prozent.

IKEA-Gründer Ingvar Kamprad hatte den ersten IKEA-Katalog 1951 noch selbst zusammengestellt. 285.000 Exemplare mit je 68 Seiten auf Schwedisch hatte man damals in Südschweden verteilt. 1998 brach dann für das Werbebuch das digitale Zeitalter an. Damals erschien der Katalog erstmals auch im Internet. Allerdings zunächst nur als Sonderausgabe für Geschäfts- und Büroeinrichtungen. Zur Jahrtausendwende wurden dann erstmals der gedruckte und der digitale Katalog zeitgleich veröffentlicht. Mit seiner Auflagenstärke war er nach Unternehmensangaben zweitweise die weltweit meistgelesene Publikation nach der Bibel.

IKEA will nachhaltiger werden

Mitentscheidend für das Aus soll auch das Thema Nachhaltigkeit sein. Der Konzern hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 klimapositiv zu werden. „Gerade in Deutschland wird der gedruckte Katalog noch sehr geschätzt“, hatte IKEA-Chef Jesper Brodin vor rund einem Jahr in einem Interview mit der „F.A.Z“ erklärt. „Das Papier ist zertifiziert, aber es ist natürlich immer noch viel Papier“, so Brodin damals weiter. Wie eine Sprecherin des Unternehmens heute ergänzte, trage die Einstellung des Katalogs somit auch „zur weiteren Schonung von Ressourcen bei“.

Hommage an den Katalog im kommenden Jahr

Für den Marketingexperten Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU kommt der Schritt des Möbelriesen zum richtigen Zeitpunkt. „Es ist ein geschickter Zug von IKEA, gerade jetzt das Aus für den Katalog anzukündigen. Denn aufgrund der Corona-Krise sind wir alle viel digitaler unterwegs als noch vor einem Jahr“. Die Social-Media-Kanäle von Facebook bis Instagram hätten dem IKEA-Katalog ohnehin schon in den vergangenen Jahren den Rang abgelaufen. Dessen Geschichte soll aber nicht nur in Ehren gehalten, sondern im kommenden Jahr auch gefeiert werden. Im Herbst 2021 will IKEA daher als Hommage an den Katalog ein Buch mit einer Fülle von Einrichtungswissen und Inspirationen veröffentlichen.