home Panorama, Politik „Perioden-Armut“: Hygieneartikel für Frauen in Schottland bald kostenlos

„Perioden-Armut“: Hygieneartikel für Frauen in Schottland bald kostenlos

In Schottland sollen Menstruationsartikel künftig kostenlos angeboten werden. Das Parlament in Edinburgh verabschiedete am gestrigen Abend einstimmig einen entsprechenden Gesetzentwurf der Labour-Abgeordneten Monica Lennon. Demnach muss die schottische Regierung ein landesweites Programm zur Bereitstellung von Binden und Tampons auf den Weg bringen. „Wir sind uns alle einig, dass sich niemand Sorgen machen sollte, woher die nächsten Tampons kommen“, sagte Lennon vor der Abstimmung.

Umfragen: Kostengründe und Scham größte Faktoren

Menstruationsprodukte sind für Schülerinnen und Studentinnen in Schottland bereits jetzt kostenlos. Zukünftig sollen Hygieneartikel für Frauen in allen öffentlichen Gebäuden wie beispielsweise Schulen oder Universitäten kostenlos zu bekommen sein. Schottlands Ministerpräsidentin Nicola Sturgeon begrüßte die Entscheidung. „Ich bin stolz darauf, für diese bahnbrechende Gesetzgebung zu stimmen, die Schottland zum ersten Land der Welt macht, das Produkte für alle, die sie benötigen, kostenlos zur Verfügung stellt“, schrieb die 50-jährige Regierungschefin auf Twitter. Weiter bezeichnete sie die Entscheidung als „wichtige Politik für Frauen und Mädchen“.

Landesweit verzichten nach aktuellen Umfragen bis zu 15 Prozent der Frauen aus Kostengründen auf die Verwendung von Hygieneartikeln für die Menstruation. 24 Prozent der Frauen sollen die Produkte über den empfohlenen Gebrauch hinaus nutzen. Nach Angaben der BBC liegen die Kosten für Sanitärartikel während der Periode bei bis zu zehn Euro. Vor allem Teenager und junge Frauen verzichteten aber auch aus Gründen der Scham darauf, sich Tampons oder Binden in einem Geschäft zu besorgen. Mehr als zwei Drittel der Dreizehn- bis Einundzwanzigjährigen fühlen sich von solchen Einkäufen peinlich berührt.

Schottland gilt schon seit längerem als Vorreiter gegen die sogenannte „Perioden-Armut“. Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie sei der Gesetzentwurf nun ein wichtiges Signal, sagte Lennon gegenüber der Nachrichtenagentur PA. „Perioden hören nicht wegen Pandemien auf, und die Arbeit zur Verbesserung des Zugangs zu unerlässlichen Tampons, Binden und wiederverwendbaren Produkten war noch nie so wichtig wie heute“.

Deutschland: Gesenkte Mehrwertsteuer auf Hygieneartikel

In England liegen bereits seit Jahresbeginn kostenlose Tampons und Binden an Schulen aus. Die Regierung in London hat eine „Arbeitsgruppe Menstruationsarmut“ eingerichtet, die mit Aufklärungskampagnen die „Stigmata rund um die Periode“ bekämpfen will. Zugleich kündigte Schatzkanzler Rishi Sunak im März an, die zuvor bereits auf fünf Prozent abgesenkte Mehrwertsteuer auf Menstruationsartikel ganz abzuschaffen, wenn Großbritannien Ende des Jahres aus der EU austritt. Dies war bisher aufgrund von EU-Vorgaben nicht möglich, was im Wahlkampf vor dem Brexit-Referendum eine nicht unerhebliche Rolle spielte. Auch in Deutschland gibt es Debatten über die Benachteiligung von Frauen durch hohe Preise für notwendige Hygieneartikel. Seit Anfang dieses Jahres ist die Mehrwertsteuer auf Tampons und Binden von 19 auf sieben Prozent, den Steuersatz für Waren des täglichen Bedarfs, gesenkt.