home Politik Plagiatsaffäre: Franziska Giffey tritt als Bundesfamilienministerin zurück

Plagiatsaffäre: Franziska Giffey tritt als Bundesfamilienministerin zurück

Nach langanhaltenden Diskussionen über die Aberkennung ihres Doktortitels ist Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) am Mittwoch von ihrem Amt zurückgetreten. Nach Angaben des Ministeriums bat sie am Vormittag während der Kabinettsitzung Bundeskanzlerin Angela Merkel um ihre Entlassung. An ihrer Spitzenkandidatur für das Amt der Regierenden Bürgermeisterin in Berlin will Giffey aber festhalten.

FU Berlin wird Giffey wohl Doktorgrad entziehen

INFO-BOX:
Aberkennung eines
akademischen Grades
Die Aberkennung eines akademischen Grades erfolgt auf der Rechts-grundlage der jeweiligen Prüfungsordnungen der Hochschulen. Eine Aberkennung kann erfolgen, wenn sich der Bewerber im Prüfungs-verfahren einer Täuschung (z.B. Plagiat) schuldig gemacht hat. Zudem ist eine Aberkennung möglich, wenn sich eine Person später durch wissen-schaftliches Fehlverhalten als unwürdig für die Führung des Doktorgrades erweist oder eine bestimmte vorsätzliche Straftat begeht.
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„In den letzten Tagen sind erneut Diskussionen um meine Dissertation aus dem Jahr 2010 aufgekommen“, erklärte Giffey in einer Stellungnahme. Auch wenn sie selbst weiterhin zu der Aussage stehe, ihre Arbeit „nach bestem Wissen und Gewissen“ geschrieben zu haben und die Prüfung ihrer Doktorarbeit noch nicht abgeschlossen sei, ziehe sie bereits jetzt „die Konsequenzen aus dem andauernden und belastenden Verfahren“. Sie bedauere es sehr, sollten ihr bei der Erstellung ihrer Dissertation Fehler unterlaufen sein. Sollte die Freie Universität (FU) Berlin in ihrer nunmehr dritten Überprüfung zu dem Ergebnis kommen, ihr den Titel abzuerkennen, werden sie diese Entscheidung akzeptieren. Giffeys Doktorarbeit wurde geprüft, nachdem Anfang 2019 durch die Internetplattform „VroniPlag“ Plagiatsvorwürfe aufgekommen waren. Das Ergebnis dieser Prüfung war, dass die Arbeit Verstöße gegen die Praxis guter Wissenschaft enthalte. Die FU erteilte Giffey daraufhin eine Rüge, ihren Doktortitel durfte sie jedoch behalten.

Für dieses Vorgehen wurde die Freie Universität teilweise heftig kritisiert. Sie zog daraufhin die Rüge zurück und kündigte eine erneute Prüfung an. Giffey gab anschließend bekannt, ihren Titel unabhängig vom Ausgang des Verfahrens zukünftig nicht mehr führen zu wollen. Zuvor hatte sie stets deutlich gemacht, als Ministerin zurücktreten zu wollen, sollte ihr der Titel aberkannt werden. Nach Angaben aus Giffeys Umfeld hat sich die Prüfungskommission nun offenbar doch für die Aberkennung des akademisches Grades ausgesprochen. Das Ergebnis liegt dem Universitätspräsidium inzwischen vor. Seit vergangenen Mittwoch läuft eine vierwöchige Frist, in der Giffey zu der Entscheidung Stellung beziehen kann. Diese werde sie wahrnehmen, sagte die 43-Jährige. Danach solle das noch laufende Verfahren abgeschlossen werden.

Aus der SPD hieß es inzwischen, dass man den Rücktritt mit Bedauern zur Kenntnis nehme. Gleichzeitig wies die Partei aber darauf hin, dass die Ministerin alle Aufgaben aus dem Koalitionsvertrag abgearbeitet habe. Seit Ende vergangenen Jahres ist Giffey auch Vorsitzende der Berliner SPD. Dieses Amt wird sie behalten.

Saleh: Giffey bleibt SPD-Spitzenkandidatin für Berlin

Auch Spitzenkandidatin ihrer Partei für die Berliner Abgeordnetenhauswahl am 26. September will Giffey bleiben. Sie habe stets klar gesagt: „Die Berliner SPD und die Berlinerinnen und Berliner können sich auf mich verlassen. Dazu stehe ich. Mein Wort gilt. Als Berlinerin konzentriere ich mich jetzt mit all meiner Kraft auf meine Herzenssache: Ganz sicher Berlin“. Aus der Berliner SPD hieß es dazu, die Problematik rund um ihre Doktorarbeit sei bei der Kandidatur Giffeys für das Amt der Regierenden Bürgermeisterin bekannt gewesen. Sie bliebe deshalb Spitzenkandidatin. Der Berliner SPD Co-Landesvorsitzende Raed Saleh sagte, Giffey habe „gezeigt, wie man Wort hält und damit höchste Ansprüche an politische Integrität definiert“. Giffey hat aktuell gute Chancen auf einen Sieg in der Bundeshauptstadt. Die Sozialdemokraten liegen mit 20 Prozent knapp hinter den Grünen mit 25 Prozent. Dahinter folgen die CDU mit 16 sowie die Linke und die FDP mit jeweils 13 Prozent.