home Panorama, Politik Wegen RT-Verbot: Russland schließt Büro der Deutschen Welle

Wegen RT-Verbot: Russland schließt Büro der Deutschen Welle

Russland hat der Deutschen Welle (DW), dem Auslandssender der Bundesrepublik Deutschland, ein Sendeverbot erteilt. Zudem verfügte das russische Außenministerium am Donnerstag die Schließung des Korrespondentenbüros in Moskau und den Entzug der Akkreditierungen der Journalisten. Damit reagierte Russland auf ein Sendeverbot des deutschsprachigen Programms seines Staatssender RT DE. Bereits gestern hatte Moskau aus diesem Grund „Vergeltungsmaßnahmen“ angekündigt.

Limbourg: Deutsche Welle wird zum Spielball gemacht

Der Sprecher der Deutschen Welle, Christoph Jumelt, teilte gegenüber dem „Spiegel“ mit, man habe über die Schritte bisher nur aus den Medien erfahren. „Uns ist noch nichts Offizielles zugestellt worden, weder in Berlin noch in Moskau“. Intendant Peter Limbourg erklärte im Anschluss: „Die Maßnahmen der russischen Behörden sind in keiner Weise nachvollziehbar und eine völlige Überreaktion. Wir werden hier in einer Weise zum Spielball gemacht, wie es Medien nur in Autokratien erfahren müssen“. Man werde gegen den Beschluss rechtlich vorgehen und solange weiter aus dem Büro in Moskau berichten, so Limbourg weiter. „Selbst, wenn wir es letztendlich schließen müssten, würde unsere Berichterstattung über Russland dadurch nicht beeinträchtigt. Vielmehr würden wir die Berichterstattung deutlich verstärken“.

Staatsfunk in Deutschland nach Nazi-Zeit verboten

INFO-BOX:
Deutsche Welle
Die Deutsche Welle wurde 1953 gegründet und ist der Auslandsrundfunk der BRD. Sie ist eine Anstalt öffentlichen Rechts und Mitglied der ARD, wird aber nicht über Rundfunk-beiträge, sondern aus Steuergeldern finanziert. Deutsche Standorte sind Berlin und der Hauptsitz Bonn. Die Deutsche Welle bietet trimediale Inhalte in 30 Sprachen an, die über Kurzwelle, Satellit, Internet und lokal auch über das UKW-Band ausgestrahlt werden.
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Verboten wird nach Angaben des russischen Außenministeriums die Verbreitung des russischsprachigen Programms der Deutschen Welle über Satellit und alle anderen Übertragungswege. Auch werde ein Verfahren eingeleitet, um den Sender zum „ausländischen Agenten“ zu erklären. Zudem gebe es Sanktionen gegen „Vertreter deutscher staatlicher und öffentlicher Strukturen, die an der Einschränkung der Ausstrahlung von RT beteiligt sind“. Die Maßnahmen seien ein „erster Schritt“ in Moskaus Vergeltungsmaßnahmen. Zu gegebener Zeit wolle man weitere Reaktionen folgen lassen.

In Deutschland hatten die Regulierer der zuständigen Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) bei den Medienanstalten die Veranstaltung und Verbreitung des Fernsehprogramms RT DE untersagt. Als Grund für das am Mittwoch veröffentlichte Verbot führten die Behörden das Fehlen einer Sendelizenz an. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte bei ihrem Treffen mit ihrem russischen Kollegen Sergej Lawrow im Januar in Moskau erklärt, dass in Deutschland kein Staatsfunk erlaubt sei. Dies gelte beispielsweise auch für die USA. In Deutschland hat die Regelung wegen der Rolle der Staatsmedien im Nationalsozialismus auch historische Gründe.

Der Kreml sprach hingegen von einem Angriff auf die Meinungs- und Pressefreiheit. „Die Situation ist vollkommen klar: Einem russischen Massenmedium, ich würde sogar sagen, einem internationalen Massenmedium, wird die Ausstrahlung in Deutschland verboten. Das ist nichts anderes als ein Anschlag auf die Freiheit des Wortes“, sagte Sprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenagentur Interfax zufolge.

Verdi: Scholz muss auf Rücknahme des Verbots drängen

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) protestierte scharf gegen das verhängte Sendeverbot für die DW. Es gebe keinerlei Rechtfertigung für diese drastische Zensurmaßnahme, sagte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall. Er forderte von der Bundesregierung einen deutlichen Protest. Die Staatsministerin für Kultur und Medien, Claudia Roth (Grüne), erklärte, dass RT DE derzeit ohne Lizenz sende. Zudem habe der Sender keine Zulassung beantragt. Auf dieser Grundlage habe die Landesmedienanstalt die Verbreitung des Rundfunkprogramms des Senders untersagt. Dies sei „eine völlig andere Situation als die der DW“. Sie appelliere „eindringlich an die russische Seite, die lizenzrechtlichen Probleme des Senders RT nicht für eine politische Reaktion zu missbrauchen“. Verdi-Bundesvorstandsmitglied Christoph Schmitz forderte von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), dieser müsse bei seinem anstehenden Russland-Besuch auf eine Rücknahme des Sendeverbots drängen.