home Politik, Wirtschaft Neun Milliarden Euro: Bahnprojekt Stuttgart 21 wird nochmals teurer

Neun Milliarden Euro: Bahnprojekt Stuttgart 21 wird nochmals teurer

Mit einem Prüfbericht will die Deutsche Bahn im Frühjahr Klarheit über Mehrkosten beim Bahnprojekt Stuttgart 21 schaffen. Doch bereits jetzt verdichten sich die Zeichen, dass der neue Stuttgarter Bahnhof nochmals rund eine Milliarde Euro teurer werden könnte. Laut einem Bericht des „Spiegel“ vom Freitag geht dies aus einem Gutachten der Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) hervor. Bereits Ende Januar hatte es in anderen Berichten geheißen, dass sich die Kosten für Stuttgart 21 wohl auf mehr als neun Milliarden Euro statt auf die bisher angepeilten 8,2 Milliarden belaufen werden.

Kosten für Stuttgart 21 seit 2009 verdreifacht

INFO-BOX:
Stuttgart 21
Kernstück des Verkehrs-projekts Stuttgart 21 (auch Bahnprojekt Stuttgart-Ulm) ist der Umbau des Kopfbahnhofs Stuttgart Hauptbahnhof in einen unterirdischen Durchgangs-bahnhof. Darüber hinaus sollen mit dem Filderbahn-hof am Stuttgarter Flughafen, der S-Bahn-Station Mittnachtstrasse und dem Abstellbahnhof Untertürkheim drei neue Bahnhöfe entstehen. Baubeginn war am 2. Februar 2010.
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Die Deutsche Bahn wollte sich am Freitag zunächst nicht zu dem neuen Bericht äußern und verwies auf die laufende Kostenüberprüfung. Auch die Landesregierung von Baden-Württemberg verwies auf ihre Stellungnahme von Ende Januar: „Wenn sich die Medienberichte bestätigen, dann hätten sich die Kosten seit Abschluss der Finanzierungsvereinbarung 2009 verdreifacht“, hatte damals Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) erklärt. Über die Jahre hatte es für den Bau des neuen unterirdischen Durchgangsbahnhofs und die Verbindung nach Ulm mehrfach Kostensteigerungen gegeben. Innerhalb von zwei Wochen soll sich nun ein Aufsichtsratsgremium der Deutschen Bahn mit der veränderten Kostenlage beschäftigen. Nicht in Gefahr sei den Plänen zufolge der Starttermin. Im Dezember 2025 soll der neue Stuttgarter Bahnhof in Betrieb gehen.

Stuttgart 21 gilt schon seit Jahren als Negativbeispiel für aus dem Kostenruder gelaufene Großprojekte in Deutschland. Zuerst gab es heftige Proteste gegen das Vorhaben, auch der Zeitplan konnte nicht eingehalten werden. Als der damalige Bahn-Chef Heinz-Dürr, der frühere Verkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) und der damalige Baden-Württembergische Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) 1994 erstmals die Vision eines unterirdischen Bahnhofs für Stuttgart entwarfen, ging man von einer Fertigstellung bis spätestens 2010 aus. Und von Kosten in Höhe von rund 4,8 Milliarden D-Mark. Zusammen mit den Kosten für die Neubaustrecke von Wendlingen am Neckar über die Alb nach Ulm, die auf rund vier Milliarden Euro taxiert werden, dürfte das Mega-Projekt stattdessen nun auf Gesamtkosten von rund 13 Milliarden Euro zusteuern.

Deutscher Bahn droht massive Finanzierungslücke

Für die neuerlichen Kostensteigerungen seien die massiv steigenden Baupreise verantwortlich, hieß es aus Regierungskreisen. Damit droht der Bahn eine gewaltige Finanzierungslücke. 2009 hatten die Partner Deutsche Bahn, Bund, EU, das Land Baden-Württemberg, die Stadt Stuttgart sowie der Flughafen Stuttgart beschlossen, die Kosten aufzuteilen. Damals war man aber noch von etwa einem Drittel der heutigen Summe ausgegangen. Inzwischen wollen sich die Projektpartner an den immer weiter steigenden Kosten nicht mehr beteiligen. Die Deutsche Bahn hatte deshalb vor rund fünf Jahren Klage vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart eingereicht. Eine Entscheidung wird für das laufende Jahr erwartet.

„Die Bahn und ihr Eigentümer Bund müssen klären, wer das Defizit trägt“, so Verkehrsminister Hermann. „Und sie müssen endlich davon Abstand nehmen, die freiwilligen Kofinanzierer des Projektes auf Beteiligung an den gigantischen Kostensteigerungen zu beklagen“. Mehr als die schon geleisteten 930 Millionen Euro seien für Baden-Württemberg nicht drin. Zudem hätten „das Land, die Stadt Stuttgart, die Region und der Flughafen“ vielfach erklärt, „dass keine weiteren Zuwendungen erfolgen werden“.