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Graue Flecken: Mobilfunknetzbetreiber wollen mit Kooperation Funklöcher schließen

Um Funklöcher zu schließen, arbeiten die drei deutschen Mobilfunk-Netzbetreiber Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica (o2) künftig enger zusammen. Wie die Unternehmen am Dienstag mitteilten, unterzeichnete Telefónica jeweils eine Absichtserklärung mit den beiden anderen Firmen für die Schließung von insgesamt 2.400 sogenannten „Grauen Flecken“ auf der Landkarte im Laufe des Jahres. Dabei geht es um Gebiete, in dem jeweils nur eines der drei deutschen Mobilfunknetze zu empfangen ist und die Kunden mit einem Handyvertrag für die anderen beiden Netze dann im Funkloch stecken.

Kooperation ursprünglich ohne Telefónica geplant


o2 Freikarte     Blau     O2
INFO-BOX:
Long Term Evolution (LTE)
Long Term Evolution (LTE) ist der Mobilfunkstandard der dritten Generation und eine Weiterentwicklung des älteren Standards UMTS (3G). Aus marketing-technischen Gründen wird LTE bereits als 4G bezeichnet. In Deutschland ging LTE im August 2010 in Betrieb. Es ermöglicht Datenraten von bis zu 1.200 MBit/s. Mit der geplanten Abschaltung des 3G-Netzes im Zuge des 5G-Ausbaus ab Sommer 2021 wird LTE in Deutschland zum Mobilfunk-Mindeststandard.
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Das sogenannte „Network Sharing“ hatten die Telekom und Vodafone bereits im vergangenen Jahr angekündigt. Dann hatte sich jedoch das Bundeskartellamt eingeschaltet, weil es eine Benachteiligung des Konkurrenten Telefónica befürchtete. Eine Kooperation ohne die Beteiligung von Telefónica/o2 sei aus Sicht der Behörde wettbewerblich problematisch, erklärte Kartellamtschef Andreas Mundt. Daher habe man auf eine Erweiterung der Kooperation gedrängt. Die heutige Vereinbarung begrüßte die Behörde: „Damit ist auch den Mobilfunkkunden in Deutschland am besten geholfen“, so Mundt. Auch der Präsident der Bundesnetzagentur äußerte sich positiv zur angestrebten Zusammenarbeit der Mobilfunkprovider. „Kooperationen der Betreiber können wesentlich zu einer besseren Mobilfunkversorgung in Deutschland beitragen“, sagte Jochen Homann. „Wir begrüßen, dass nun drei Unternehmen jeweils in Verhandlungen stehen.“

Die zwei Kooperationsvereinbarungen zu 4G (LTE) umfassen Standorte, die in dünn besiedelten Gebieten liegen. Ein wirtschaftlicher Betrieb der Antennen ist dort schwierig. Durch die gemeinsame Nutzung werden nun die Kosten für die Netzbetreiber günstiger als bei einem Alleingang. Die Kooperation sei zudem ohne die Installation neuer Antennen oder neuer Technik realisierbar, hieß es vonseiten der Telekom. Möglich macht dies das sogenannte Multi-Operator-Core-Network-Verfahren (MOCN). Die Funkstation weist dann gegenüber den Geräten der Anwender die Kennungen aller drei Netzbetreiber aus. So können sich diese unabhängig vom Betreiber in das jeweilige Mobilfunknetz einbuchen. Für den Nutzer wirkt es dann so, als bewege er sich im Netzwerk seines Vertragspartners – völlig unabhängig davon, welcher Provider die jeweilige Mobilfunkstation tatsächlich betreibt. Auch bei den sogenannten „Weißen Flecken“, wo noch überhaupt keines der drei Mobilfunknetze zu empfangen ist, wollen die drei Konzerne zukünftig an einem Strang ziehen. Insgesamt ist hier der Bau von 6.000 Mobilfunk-Standorten geplant.

Marktzugang für 1&1 Drillisch wird schwieriger

Auch Branchenexperten beurteilen die Zusammenarbeit der deutschen Mobilfunknetzbetreiber bezüglich der Graue-Flecken-Schließung positiv. „Es ist gut, dass die Firmen das unter sich regeln und nicht der Staat mit einer Zwangsanordnung einschreiten muss“, erklärte Telekommunikationsprofessor Torsten Gerpott von der Universität Duisburg-Essen gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“. Dies lohne sich nicht nur betriebswirtschaftlich, auch für die Verbraucher böte eine Zusammenarbeit viele Vorteile. Einen Nachteil sieht Gerpott hingegen für den Wettbewerber 1&1 Drillisch. Dieser hatte sich 2019 in einer Versteigerung von Mobilfunk-Frequenzen erstmals ein Frequenzspektrum gesichert und plant, ebenfalls ein eigenes Mobilfunknetz aufzubauen. Da die alteingesessenen Netzbetreiber nun den Schulterschluss üben, werde es für 1&1 Drillisch immer schwieriger, in den Markt zu kommen, so Gerpott.