home Wirtschaft Millionenverlust für Kommunen droht: BaFin stellt Insolvenzantrag für Greensill Bank

Millionenverlust für Kommunen droht: BaFin stellt Insolvenzantrag für Greensill Bank

Die deutsche Finanzaufsicht BaFin hat einen Insolvenzantrag für die in Turbulenzen geratene Greensill Bank gestellt. Wenige Tage nachdem die Behörde das Bremer Finanzinstitut wegen drohender Überschuldung schließen ließ, meldete sie nun auch beim Amtsgericht Bremen die Insolvenz für das Geldhaus an. Damit ist das endgültige Aus für die Greensill Bank offenbar besiegelt. Inzwischen ermittelt auch die Staatsanwaltschaft wegen des Vorwurfs der Bilanzfälschung.

Institutionelle Anleger: 500 Millionen Euro futsch?

INFO-BOX:
Greensill Bank
Die Greensill Bank wurde 1927 in Bremen als Norddeutsche Finanzierungs-AG gegründet und später in NordFinanz Bank AG umbenannt. Anfang 2014 erwarb die vom australischen Financier Lex Greensill kontrollierte britische Beteiligungs-gesellschaft Greensill Capital Ltd. die Geschäftsanteile der NordFinanz Bank AG. Statt klassischer Finanzprodukte wurde das Einlagen- und Factoring/Reverse-Factoring-Geschäft forciert und ausgebaut. Von 2017 bis 2019 stieg die Bilanz-summe der Greensill Bank von 338 Millionen auf mehr als 3,9 Milliarden Euro.
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„Bei uns ist gestern Abend ein Antrag von der BaFin auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bezüglich der Greensill Bank AG eingegangen“, bestätigte eine Gerichtssprecherin gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Von der BaFin selbst war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten, auch die Bank wollte sich nicht äußern. Damit dürfte demnächst die Entschädigung der Privatanleger beginnen. Die Greensill Bank ist Mitglied in der Entschädigungseinrichtung deutscher Banken GmbH (EdB), die für private Spareinlagen bis zu 100.000 Euro je Anleger einspringt. Insider rechnen damit, dass auf den Fonds Zahlungen in Höhe von rund drei Milliarden Euro zukommen. Die investierten Gelder von institutionellen Anlegern wie Bund, Ländern, Kommunen oder bankähnlichen Kunden unterliegen seit Oktober 2017 aber nicht mehr der Sicherungseinrichtung. Schätzungen zufolge stehen bei der Kundengruppe rund 500 Millionen Euro im Feuer.

Darunter befinden sich mehr als zwei Dutzend deutsche Kommunen. „Wir wollen gemeinsam unsere Interessen vertreten und so viel Geld wie möglich zurückholen“, sagte Osnabrücks Stadtkämmerer Thomas Fillep. Die Kommune hat 14 Millionen Euro bei der Greensill Bank angelegt. Am stärksten betroffen ist die 44.000 Einwohner-Stadt Monheim bei Düsseldorf, die Festgelder in Höhe von 38 Millionen Euro bei dem insolventen Geldhaus gebunkert hat. Das Land Thüringen steht gar mit 50 Millionen Euro im Feuer, hohe Verluste drohen ebenfalls Eschborn, Wiesbaden, Schwalbach, Weissach oder den städtischen Kölner Bühnen. Viel dürfte bei Greensill jedoch nicht mehr zu holen sein, die Vermögenswerte sind überschaubar.

Die Greensill Bank ist ein deutscher Ableger des gleichnamigen britischen Finanzinstituts, das über Geschäfte mit dem indischen Stahlbaron Sanjeev Gupta in Schieflage geraten war. Inzwischen steht es ebenfalls unter Insolvenzverwaltung. Die Muttergesellschaft verdiente ihr Geld mit sogenannter Lieferkettenfinanzierung. Dabei lassen sich Kunden den Kauf von Waren und Dienstleistungen vorfinanzieren. Greensill verpackte die offenen Rechnungen in anleiheähnliche Papiere und verkaufte diese wiederum über Fonds. Hauptaufgabe der Greensill Bank war es, das Geschäft des Mutterkonzerns zu finanzieren.

BaFin hatte Greensill Bank schon länger im Visier

Die Kommunen werfen der BaFin indes vor, zu spät gehandelt zu haben. „Wir werden genau prüfen, ob es neben den Kommunen vielleicht auch andere gibt, die eine finanzielle Mitverantwortung tragen“, sagte Monheims Bürgermeister Daniel Zimmermann gegenüber der „Welt“. Die Finanzaufsicht wies den Vorwurf entschieden zurück. Man habe „bereits 2020 entschlossen und tatkräftig gehandelt“, teilte sie mit. Dabei habe man gut mit dem Bundesverband deutscher Banken (BdB) und dem Prüfungsverband deutscher Banken (PdB) zusammengearbeitet.

Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums ließ sich die BaFin seit Januar 2019 monatlich über die Bilanzdaten von der Bank unterrichten. Anfang 2021 setzte sie schließlich einen Sonderbeauftragten ein und belegte die Greensill Bank am 3. März mit einem Moratorium. Zudem sei es der Behörde gesetzlich verboten, über Sonderprüfungen oder andere aufsichtsrechtliche Maßnahmen zu informieren. Auch die Kämmerer müssten zu ihrer Verantwortung stehen. „Sie haben das Geld ihrer Einwohner wegen ein paar Promille höherer Zinsen einer Bank anvertraut, die bereits seit einiger Zeit von kritischer Berichterstattung begleitet wurde“, so Michael Peters von „Finanzwende“. Der BdB habe rechtzeitig mitgeteilt, dass die Gelder von Profianlegern nicht mehr geschützt seien. Überdies sei dies in der Fachpresse für Kämmer deutlich gemacht worden.