home Auto, Wirtschaft Diesel-Skandal: Verbraucherschützer reichen Musterfeststellungsklage gegen Daimler ein

Diesel-Skandal: Verbraucherschützer reichen Musterfeststellungsklage gegen Daimler ein

Verbraucherschützer wollen Schadenersatz für vom Diesel-Skandal betroffene Mercedes-Kunden erstreiten. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) habe deshalb vor dem Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart eine Musterfeststellungsklage gegen den Autobauer Daimler eingereicht, sagte Vorstand Klaus Müller am Mittwoch in Berlin. Die Verbraucherschützer werfen Daimler eine bewusste Manipulation der Abgaswerte vor. Nach ihrem Erfolg bei Volkswagen wollen die Verbraucherschützer damit auch den Stuttgarter Autobauer zum Einlenken bewegen.

Daimler hält Abschaltfunktion für zulässig

Im Kern lautet der Vorwurf gegen Daimler, dass dieser in seinen betroffenen Dieselautos unterschiedliche Abschalteinrichtungen eingebaut habe. Dadurch soll die Abgasreinigung bei diesen Fahrzeugen nur bei Tests im Labor korrekt funktioniert haben, um die Grenzwerte für den Ausstoß von Schadstoffen einzuhalten. Im Normalbetrieb auf der Straße sei die Abgasreinigung hingegen abgeschaltet und die Grenzwerte überschritten worden. Der Autobauer musste daher massenweise Autos zurückrufen. Daimler hält die Funktion allerdings bis heute für zulässig. „Trotz behördlicher Rückrufe bestreitet die Daimler AG bis heute, gezielt die Abgaswerte ihrer Fahrzeuge manipuliert zu haben“, sagte Müller. Das Gericht solle dies nun feststellen und den Verbrauchern dadurch Rechtssicherheit geben. Der Autohersteller erklärte in einer ersten Reaktion, dass die Musterfeststellungsklage noch nicht zugestellt worden sei. „Jedoch halten wir die in Dieselklagen gegen uns geltend gemachten Ansprüche für unbegründet und werden uns weiterhin dagegen zur Wehr setzen – auch im Rahmen einer möglichen Musterfeststellungsklage“, so der Konzern.

Musterfeststellungsklage soll vor Verjährung schützen

INFO-BOX:
Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv)
Die deutschen Verbraucherzentralen sind auf Landesebene organisierte Vereine, die im Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) zusammengeschlossen sind. Der vzbv wurde am 1. November 2000 gegründet, größte Einzelorganisation ist die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.
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Mit der nun eingereichten Musterfeststellungsklage wolle man auch die Gerichte entlasten, die dann nicht mehr in jedem Einzelfall klären müssten, ob Daimler solche Abschalteinrichtungen vorsätzlich eingebaut habe und ob das sittenwidrig gewesen sei, erklärte Müller. Vor den Gerichten sind bereits zahlreiche Einzelklagen gegen den Autobauer anhängig. Eine endgültige Klärung durch den Bundesgerichtshof wird es nach Ansicht des vzbv in diesem Jahr aber wohl nicht mehr geben. Da aber Ende des Jahres eine Verjährung der Ansprüche drohe, habe man sich nun zu der Musterfeststellungsklage entschlossen.

Nach Angaben der Verbraucherschützer sind in Deutschland rund 254.000 Mercedes-Benz-Fahrzeuge von behördlichen Rückrufen betroffen. In seiner Musterfeststellungsklage fokussiert sich der Verband aber auf den Motor mit der Kennung OM651. Damit könnten sich die Besitzer von nahezu 50.000 Mercedes GLC- und GLK-Modellen anschließen, denen ohne ein Software-Update die Stilllegung ihres Fahrzeugs drohe. Betroffene Verbraucher können sich der Klage anschließen, sobald diese im Klageregister veröffentlicht wurde. Die Verbraucherzentrale rechnet damit, dass dies „Ende Juli, Anfang August“ der Fall sein wird. Die Anmeldung ist kostenlos.

Volkswagen zahlte bis zu 6.250 Euro je Kunde

Eine ähnliche Musterfeststellungsklage hatte der vzbv bereits 2018 gegen Volkswagen eingereicht. Anfang vergangenen Jahres einigten sich die Verbraucherschützer und der Wolfsburger Autokonzern auf einen Vergleich, den rund 245.000 Kunden akzeptierten. Der Autobauer zahlte ihnen je nach Alter und Typ des Fahrzeugs zwischen 1.350 und 6.250 Euro. vzbv-Chef Müller sagte, man könne sich mit Daimler ähnliche Gespräche vorstellen. „Wir sind jederzeit bereit, mit Daimler auch in Vergleichsverhandlungen einzutreten“. Kurz nach der damaligen Einigung entschied auch der Bundesgerichtshof, dass Volkswagen seine Kunden systematisch getäuscht hat. Hätten diese von den Abschalteinrichtungen gewusst, hätten sie sich vermutlich für ein anderes Fahrzeug entschieden. Der Konzern sei deshalb zu Schadenersatz verpflichtet. In den meisten Fällen bekamen die Kläger das Recht, ihr Auto zurückzugeben, mussten sich aber die bisherige Nutzung anrechnen lassen. Viele einigten sich stattdessen mit Volkswagen auf eine Einmalzahlung und behielten das Auto.