home Gesundheit Down-Syndrom: Trisomie-Bluttest wird unter engen Voraussetzungen Kassenleistung

Down-Syndrom: Trisomie-Bluttest wird unter engen Voraussetzungen Kassenleistung

Der Bluttest zur Erkennung einer Trisomie (Chromosomen-Anomalie, zu der auch das Down-Syndrom zählt) wird zukünftig von den Krankenkassen bezahlt. Dies beschloss der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) von Ärzten, Kassen und Kliniken als oberstes Entscheidungsgremium am heutigen Donnerstag. Möglich sein soll die neue Kassenleistung allerdings „nur in begründeten Einzelfällen“ für Frauen mit Risikoschwangerschaften nach einer ärztlichen Beratung. Das Bundesgesundheitsministerium muss der Entscheidung noch zustimmen, die dann ab 2021 gelten soll.

Kritiker: Bluttest könnte vorgeburtliche Selektion erhöhen

INFO-BOX:
Trisomie 21
Trisomie 21 oder auch Down-Syndrom ist ein angeborenes Zusammentreffen einer geistigen Behinderung und körperlicher Fehlbildungen. Die Ursache liegt in einem Fehler an den Erbanlagen des betroffenen Menschen. Dabei ist das Chromosom 21 oder Teile davon dreifach statt doppelt vorhanden. Menschen mit Down-Syndrom haben in der Regel typische körperliche Merkmale (z.B. nach oben außen hin geschrägte Lidachsen) und sind meist in ihren kognitiven Fähigkeiten beschränkt. Die Fehlbildungen und Beeinträchtigungen können allerdings unterschiedlich stark ausgeprägt sein.
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Durch die „sehr engen Voraussetzungen“ für den Test werde klar und eindeutig geregelt, dass dieser nicht als ethisch unvertretbares „Screening“ eingesetzt werden solle, sagte der Vorsitzende des Bundesausschusses, Josef Hecken. Ziel sei vielmehr, die Risiken einer ansonsten erforderlichen invasiven Untersuchung zu vermeiden. Bei der gängigen Fruchtwasseruntersuchung muss eine Nadel in den Bauch gestochen werden, was das Risiko einer Fehlgeburt erhöht. Bisher mussten Schwangere den Bluttest, der seit rund sieben Jahren auf dem Markt ist, selbst bezahlen. Die Kosten dafür lagen zuletzt bei einigen hundert Euro. Behandelt werden kann eine Trisomie jedoch nicht. Bei einem positiven Testergebnis folgt daher in der großen Mehrheit der Fälle eine Abtreibung.

Wenn der Test nun in zwei Jahren Kassenleistung wird, könnte dies dazu führen, dass diese vorgeburtliche Selektion von Kindern mit Behinderung noch gefördert wird, befürchten Kritiker. So sagte beispielsweise Lebenshilfe-Vorstandsmitglied Sebastian Urbanski – selbst mit Down-Syndrom auf die Welt gekommen – gegenüber dem Südwestrundfunk, es bestehe die Gefahr, dass durch den Bluttest Menschen mit Behinderung schon vor der Geburt „aussortiert“ würden. Er hoffe, dass es nun nicht noch zu mehr Abtreibungen von Kindern mit Behinderungen komme. Schätzungsweise nur eines von zehn Kindern, bei dem Trisomie 21 (siehe auch Info-Box) vor der Geburt festgestellt wird, wird auch ausgetragen. Genaue Zahlen dazu gibt es allerdings nicht. Der aktuell zur Debatte stehende Bluttest soll jedoch auch schwere Chromosomenstörungen wie Trisomie 18 anzeigen, die zu nicht lebensfähigen Embryonen führt, die häufig bereits im Verlauf der Schwangerschaft oder kurz vor der Geburt versterben.

Evangelische Kirche und Ethikrat aufgeschlossen

Kritik kam auch von der behindertenpolitischen Sprecherin der Grünen im Bundestag, Corinna Rüffer. „Die Kassenübernahme des Tests suggeriert, er sei sinnvoll. Deshalb werden ihn Schwangere vermehrt nutzen. Wer ihn nicht machen möchte, wird sich eher rechtfertigen müssen“, sagte Rüffer. „Die Debatte ist mit der heutigen Entscheidung nicht beendet. Auch mit Blick auf künftige Tests müssen wir dringend die Grenzen und Bedingungen molekulargenetischer Testverfahren in der Schwangerschaft festlegen.“ Ablehnung kam ebenfalls von der Katholischen Kirche, die Evangelische Kirche zeigte sich hingegen aufgeschlossen, falls die Eltern im Vorfeld ausreichend beraten werden. Auch der Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Peter Dabrock, zeigte sich offen dafür, den Eltern den Bluttest zu ermöglichen, ohne dafür privat bezahlen zu müssen.