Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki gerät nach einem Bericht über die Instrumentalisierung des Betroffenenbeirats des Erzbistums zunehmend unter Druck. Ranghohe Geistliche des Erzbistums fordern eine Stellungnahme Woelkis zu diesem Vorwurf. Sollte die Strategie tatsächlich von Woelki so gebilligt worden sein, entspräche dies „einer moralischen Bankrotterklärung der Bistumsleitung“, schrieb der Kölner Stadtdechant Robert Kleine am Montagabend auf Facebook. Das Erzbistum und der Kardinal „können und dürfen sich jetzt keine Kommunikationsfehler mehr leisten und müssen klar benennen, was Auftrag der PR-Berater war“.
Woelki sollte wohl Betroffenenbeirat auf seine Seite ziehen
Kölner Erzbischöfe seit 1845 |
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1845-1864: J. von Geissel 1866-1885: P. Melchers 1885-1899: P. III. Krementz 1899-1902: Hubert T. Simar 1902-1912: Anton Fischer 1912-1919: F. v. Hartmann 1920-1941: Karl J. Schulte 1942-1969: Josef Frings 1969-1987: Joseph Höffner 1989-2014: J. Meisner seit 2014: Rainer M. Woelki |
Demnach rieten die Kommunikationsexperten dem Kardinal und seinem damaligen Generalvikar Markus Hofmann unter anderem, bei der Frage eines zweiten Missbrauchsgutachtens den Betroffenenbeirat des Erzbistums auf ihre Linie zu bringen, was einen angedachten Gutachter-Wechsel im Oktober 2020 anging. Die Fachleute sollen Tipps gegeben haben, wie dieses Ziel zu erreichen und die Betroffenen zu überzeugen seien. Woelki solle demnach auf „Emotionen, Glaubhaftigkeit und Echtheit“ setzen. Das Erzbistum hat einen Kommentar dazu bislang mit Verweis auf die Vertraulichkeit der betreffenden Papiere abgelehnt. Bekannt war bereits, dass Woelki insgesamt 820.000 Euro für PR-Beratung ausgegeben hat.
Den Verweis auf Vertraulichkeit lässt Kleine in seinem Facebook-Eintrag indes nicht gelten. Die Papiere seien nun nicht mehr vertraulich, „sondern werden – bis zum Beweis des Gegenteils – scheinbar korrekt in einer Zeitung zitiert“. Dass das Erzbistum derzeit keine Stellungnahme zu dem vertraulichen Papier abgeben wolle, könne er angesichts der Resonanz und Brisanz nicht verstehen „und schon gar nicht akzeptieren“, schrieb Kleine.
Picken: „Missbrauchsopfer erneut missbraucht“
Der Bonner Stadtdechant Wolfgang Picken meldete sich in einer Pressemitteilung zu Wort. „Ich fordere Kardinal Woelki dazu auf, unverzüglich zu den Veröffentlichungen des Kölner Stadtanzeigers Stellung zu nehmen und die entstandenen Eindrücke zu korrigieren“. Schweige der Kardinal jedoch weiterhin, „weil die Vorwürfe des Kölner Stadt-Anzeigers zutreffen, dann stehen wir wahrscheinlich vor einem neuen Tiefpunkt in der Krise des Kölner Erzbistums“. Sollte der Betroffenenbeirat des Erzbistums bewusst instrumentalisiert worden sein, mache das den bereits im Raum stehenden Vorwurf verständlich, Kardinal Woelki habe Missbrauchsopfer erneut missbraucht und ihre Retraumatisierung in Kauf genommen. Dies hinterlasse an der Integrität des Kardinals einen irreparablen Schaden und sei nur noch schwer zu tolerieren, so Picken weiter.
Der Wuppertaler Stadtdechant Bruno Kurth forderte Woelki ebenfalls auf, sich zu erklären. „Vom nach der Rückkehr unseres Erzbischofs aus der Auszeit verheißenen Neuanfang im Erzbistum bleibt nicht mehr viel übrig“, kritisierte Kurth in einer Erklärung. „Wir stehen vor einem weiteren Tiefpunkt in der Krise des Verlustes an Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Ansehen und Amt des Erzbischofs von Köln und damit des Erzbistums Köln sind weiter beschädigt“.