home Panorama Kritisch, liberal, anpassungsfähig – SINUS-Studie zeigt Gedankenwelt deutscher Jugendlicher

Kritisch, liberal, anpassungsfähig – SINUS-Studie zeigt Gedankenwelt deutscher Jugendlicher

Seit 2008 soll die SINUS-Studie alle vier Jahre Aufschluss darüber geben, wie sich die Gedankenwelt der Jugendlichen in Deutschland entwickelt. Heute wurden die neusten Ergebnisse präsentiert und zeigen, dass junge Menschen weniger rebellisch auftreten als frühere Generationen, gleichzeitig aber durchaus einen kritischen Blick auf ihre Umwelt haben.

Liberale Werte finden großen Zuspruch

INFO-BOX:
Sinus-Studie 2016
Die neue Studie „Wie ticken Jugendliche 2016?“ des SINUS-Instituts zeigt: Jugendliche in Deutschland leben nach wie vor in unterschiedlichen Lebenswelten, aber sie rücken in mehrfacher Hinsicht zusammen. Für die meisten 14 bis 17-Jährigen heute gilt: Man möchte sein wie alle. Die auf Abgrenzung und Provokation zielenden großen Jugend-Subkulturen gibt es kaum mehr.
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Auf den ersten Blick könnte man meinen, die 14- bis 17-Jährigen hätten das Rebellieren verlernt. In der Befragung zeigten viele Teilnehmer wenig Interesse daran, einer Subkultur anzugehören, während der Begriff „Mainstream“ nicht mehr als negativ wahrgenommen wird. Als Mittel gegen eine immer schnelllebigere und komplexere Welt sucht man Halt unter Freunden sowie in der Familie und zeigt dafür Anpassungsbereitschaft. Gleichzeitig weiß man die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zu schätzen und legt großen Wert auf Freiheit, Aufklärung und Toleranz, weil diese als Grundlage eines guten Lebens in Deutschland gesehen werden.

Im Umkehrschluss bedeutet dies jedoch nicht, dass die Heranwachsenden sich nicht mehr für mögliche Probleme interessieren. So wird Themen wie Datenschutz und Überwachung ein großer Stellenwert beigemessen, weil die digitale Vernetzung zum festen Bestandteil des Lebens geworden ist, die man durchaus kritisch sieht. Allerdings hängt das Bewusstsein dafür auch vom Bildungsstand ab, weshalb sich die Befragten einhellig wünschen, die Hintergründe von sozialen Netzwerken besser zu verstehen, deren Nutzung man sich in der Altersgruppe schon aufgrund des Drucks der Gleichaltrigen kaum mehr verwehren kann. Von der Schule erhofft man sich in diesem Zusammenhang allerdings wenig. Den Lehrern fehlt es nach Ansicht der 14- bis 17-Jährigen an der notwendigen Kompetenz, während die Schulen selbst in Sachen Technisierung Aufholbedarf haben.

Religionen verlieren an Bedeutung, feste Beziehungen nicht

Wenn es um Liebe und Beziehung geht, zeichnen die Heranwachsenden ein fast konservatives Bild. Die große Mehrheit möchte bis spätestens Mitte 30 in einer festen Partnerschaft leben. Religion spielt im Gegenzug eine immer geringere Rolle und gehört zumindest bei Jugendlichen aus christlichem Elternhaus nur noch selten zu den Dingen, über die man sich definiert. Ihre muslimischen Altersgenossen sehen sich im Vergleich stärker im Glauben verwurzelt und leben diesen häufiger auch offen aus. Vom religiösen Extremismus grenzt man sich jedoch demonstrativ ab. Beim Thema Flucht und Asyl herrscht weniger Einigkeit. Während viele kein Problem mit offenen Grenzen und kultureller Vielfalt haben, nehmen die Ressentiments gegen Zuwanderer bei Befragten aus bildungsfernen Schichten, aber auch aus der gesellschaftlichen Mitte zu.

Den einen Jugendlichen gibt es nicht

Bestätigen konnte die Befragung erneut, was bereits in den vorangegangenen Erhebungen festgestellt worden war: Auch heute noch sind die Jugendlichen in Deutschland durch ihre unterschiedlichen Lebenswelten geprägt, was generalisierende Aussagen unmöglich macht. Teilgenommen haben 72 Personen, die nach Wohnort, Geschlecht und angestrebten Bildungsabschluss ausgewählt wurden. Die Autoren erheben deshalb nicht den Anspruch, eine statistisch repräsentative Arbeit vorgestellt zu haben. Da sehr detaillierte Interviews geführt wurden, soll nichtsdestotrotz ein Einblick in die Gedankenwelt der einzelnen Gruppen möglich sein. Man spricht deshalb von einer inhaltlich psychologischen Repräsentanz.

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